29.04.2022 – Kategorie: Projekt- und Kostenmanagement
Vom Bauleiter bis zum Wachmann: Digitale Mitarbeiterdokumentation auf Baustellen
Unkomplizierte Datennutzung für alle: So lassen sich Anwesenheitserfassung und Mitarbeiterdokumentation auf Baustellen digitalisieren.
Die Corona-Pandemie hätte ein Treiber für die Digitalisierung der Bauindustrie sein können. Aber der erhoffte Modernisierungsschub ist bei vielen Firmen ausgeblieben. Dabei ist der Branche bewusst, dass ein hoher Digitalisierungsgrad Prozesse optimiert, den Umsatz steigen lässt und das Unternehmen krisenresistenter macht. Als Grund für die mangelnde Modernisierung werden oft fehlendes Mitarbeiter-Knowhow sowie zu komplexe Softwarelösungen angegeben – vor allem während der eigentlichen Bauphase. Dabei stehen Tools für die Baustellen-Digitalisierung zur Verfügung, die eine effiziente Baustellenorganisation ermöglichen und zum Beispiel die Anwesenheitserfassung und Mitarbeiterdokumentation automatisieren. Von Claudia Ballhause
PricewaterhouseCoopers befragte in einer Studie[1] 100 Entscheider aus der Baubranche, wie hoch sie den Digitalisierungsgrad auf den unterschiedlichen Ebenen ihres Bauunternehmens einschätzen. Die Ergebnisse fielen nicht wirklich überraschend aus: Bei administrativen und Projektprozessen gaben die Teilnehmer mit rund 60 Prozent einen relativ hohen Wert an. Und ähnlich sah es bei operativen Prozessen wie der Bauausführung aus. Hier sahen 59 Prozent der Befragten einen beträchtlichen Aufholbedarf. Auch die Ergebnisse des „Digitalisierungsindex Mittelstand 2020/2021“[2] der techconsult im Auftrag der Deutschen Telekom decken sich mit diesen Aussagen. Nur 38 Prozent der mittelständischen Baubetriebe haben demnach die Digitalisierung fest in ihrer Geschäftsstrategie verankert. Nur 37 Prozent digitalisieren die internen Prozesse, zum Beispiel mittels mobiler Lösungen für Mitarbeiter sowie mit digitalem Baustellenmanagement.
Digitalisierung der Baustelle entlastet Projekt- und Bauleitung
In den Untersuchungen wird klar, dass es vor allem die vorgelagerten Schritte wie Planung und Baukalkulation sowie die administrativen Prozesse sind, die digitalisiert werden, nicht aber die Baustelle und ihre Abläufe. „Dabei steckt gerade hier ein besonders großes Potenzial, um durch Automatisierung die Projektleitung, Bauleitung, Logistikverantwortliche und Auftragnehmer deutlich zu entlasten, beteiligte Firmen digital miteinander zu verzahnen und die Baustelle effizient zu organisieren“, so David Flörchinger, Geschäftsführer der WSS-IT GmbH, die sich auf Entwicklung und Angebot der Bausoftwarelösung Opticon.Site spezialisiert hat.
„Betrachtet man zum Beispiel die Anwesenheitserfassung und die Mitarbeiterdokumentation auf Baustellen, werden diese wiederkehrenden Aufgaben häufig analog erledigt“, berichtet Flörchinger und fügt hinzu: „Die Informationen werden auf Papier in Aktenordnern gesammelt oder auch in Exceltabellen oder Worddokumenten eingetragen. Allerdings ist diese Art der Dokumentation nicht überschreibungssicher und gewonnene Daten können nicht nachhaltig genutzt werden.“ Dies erschwert es zum Beispiel erheblich, die Daten sicher zu übertragen um sie auch für die nächste Baustelle zu verwenden. „Diese analoge Arbeitsweise bindet viele Ressourcen. Die benötigten Arbeitsschritte sind nicht gewinnbringend für das Bauprojekt an sich. Die dafür aufgewendete Zeit könnte viel effizienter für andere Aufgaben genutzt werden”, so Flörchinger weiter.
Mitarbeiterdokumentation: Intelligente Datenverwaltung statt analogen Erfassens
Mit einer entsprechenden Softwarelösung kann die Verwaltung der Baustellenmitarbeiter jedoch um ein Vielfaches effizienter und übersichtlicher organisiert werden. Denn bevor Beschäftigte überhaupt Zugang zur Arbeitsstelle erhalten, müssen die Drittfirmen umfangreiche Dokumente vorlegen, um baustellenrelevante Auflagen zu erfüllen. Dazu gehören nicht nur die Vorlage von Personalausweis oder Versicherungsunterlagen, sondern beispielsweise auch Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis oder die Gewerbeanmeldung. Auf nicht digitalisierten Baustellen werden alle diese Dokumente persönlich eingereicht, kopiert und abgeheftet oder bestenfalls eingescannt.
Digitale Softwarelösungen für Baustellen wie zum Beispiel Opticon.Site ersetzen diese analogen Prozesse zu Dokumentation und Erfassung der Mitarbeiterdaten durch eine cloudbasierte Administration. Anstatt einer zentralen Organisation und dem manuellen Einpflegen der Baustellendaten in ein System bietet die Software die automatisierte Anlage von Benutzerkonten für jede Firma des Bauvorhabens. Alle im Bauprojekt involvierten Unternehmen legen ihre Mitarbeiter selbst an und hinterlegen zollrelevante Dokumente, um so ihre Nachweispflichten zu erfüllen, ohne dabei Aufwand auf der Baustelle zu erzeugen.
Die Mitarbeiterdokumentation wird so nicht nur durch einen digitalen Prozess ersetzt, sondern dank cloudbasierter Umsetzung findet auch eine automatisierte Kontrolle der Gültigkeit der Mitarbeiterdokumente statt. Ist beispielsweise ein Ausweis oder eine Krankenkarte abgelaufen, erinnert das Programm die zuständigen Firmen-Benutzer in der Software automatisch an die anstehende Erneuerung anstelle das Baustellenpersonal zu involvieren. Durch eine Verknüpfung der Daten mit dem digitalen Baustellenausweis des Mitarbeiters erhält dieser so auch keinen Zugang mehr auf die Baustelle, wenn seine hinterlegten Dokumente nicht mehr aktuell sind. Die Zutrittsberechtigung erlischt dank dieser Automation simultan mit dem Ablaufen der Dokumente. „So gewinnt der Bauherr nicht nur eine vollständige Transparenz über die Baustelle“, so Flörchinger, „sondern er macht einen garantiert großen Schritt in Richtung einer zollkonformen und digitalen Baudokumentation.”
Verantwortung für DSGVO-konforme Sicherung der Daten liegt beim Plattformbetreiber
Mit dem Konzept unterschiedlicher Nutzerrollen für die beteiligten Firmen ist gewährleistet, dass jedes am Bau beteiligte Unternehmen standortunabhängig Zugriff auf seine Mitarbeiterdaten hat, was letztlich ein optimales Lean Management auf der Baustelle ermöglicht. „Alle auf der Baustelle Beschäftigten sollten unkompliziert Zugang zu Daten erhalten, die für sie relevant sind – vom Bauleiter bis zum Wachmann oder Baulogistiker. Das garantieren verschiedene Nutzerprofile je nach Rolle”, erklärt Flörchinger. Die Verantwortung hingegen für eine DSGVO-konforme Sicherung der Daten verbleibt dabei beim Plattformbetreiber selbst, was eine zusätzliche Entlastung für den Bauherrn bedeutet, da er nicht selbst für die Umsetzung der Datensicherheit hier zuständig ist.
Datenberichte geben Echtzeit-Einblicke in die Baustelle
Werden Anwesenheitsdaten digital erfasst und Dokumente zu Baustellen-Mitarbeitern digital gepflegt, dient dies nicht nur einer besseren Organisation und Compliance auf der Baustelle; sondern auch Echtzeit-Einblicke auf die Baustelle ermöglicht eine digitale cloudbasierte Lösung, indem sie anhand von Abfragen Datenberichte erzeugt. So kann der Wachmann zum Beispiel in der Dashboard-Übersicht der Baustelle auf einen Blick erfassen, wie viele Personen anwesend sind oder waren oder wie viele Ersthelfer sich gerade auf einer Baustelle befinden. Außerdem kann er filtern, zu welchen Mitarbeitenden welche Dokumente noch fehlen, wie zum Beispiel Legitimationen oder Mindestlohnbestätigungen. Anhand von Datenauswertungen der Anwesenheit aller Baustellenmitarbeitenden können dabei mitunter beträchtliche Optimierungspotenziale für die Baustellenorganisation erkannt werden, indem sie offenbaren, ob sich die Planung und die Durchführung des Bauvorhabens decken oder ob gegebenenfalls Abweichungen zwischen Planung des Baus und Baufortschritt bestehen. Flörchinger: „Eine Software macht transparent, welche Prozesse reibungslos verlaufen und welche optimiert werden müssen. Sieht der Bauleiter zum Beispiel, dass eine Firma statt wie üblich zehn Mitarbeiter auf einmal 30 entsendet, kann er anhand dessen schlussfolgern, dass das Gewerk mit seinen Aufgaben eventuell in Verzug geraten könnte.” Softwaregestützte Datenanalysen erlauben somit Einsichten, die bei fortgesetzter analoger Prozessumsetzung sonst nicht möglich wären.
Auch wenn der Digitalisierungsgrad der Baubranche weiterhin stark ausbaufähig bleibt, investieren immer mehr Firmen in Softwarelösungen zumindest für die digitale Umsetzung von Teilbereichen des Bauprozesses. Dabei ist es wichtig, einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen, wie Flörchinger betont: „Bauunternehmen sollten nicht nur irgendein einzelnes Tool implementieren, dass zum Beispiel bloß eine Excel-Tabelle ersetzt – dies wäre eine zu kurzsichtige Entscheidung. Stattdessen sollten sie die Chance nutzen, so viele Prozesse wie möglich zu standardisieren, damit diese digital automatisierbar werden. So werden echte Mehrwerte geschaffen. Gute Softwareunternehmen helfen bei der digitalen Baustellenstandardisierung, in dem Sie Know How der Baubranche, Prozessverständnis und aktuellste Softwaretechnologie mit einbringen.“
Anwesenheitserfassung und Mitarbeiterdokumentation als einheitlicher, digitaler und automatischer Prozess
Anwesenheitserfassung und Mitarbeiterdokumentation auf Baustellen binden Kapazitäten und Zeit der am Bau beteiligten Unternehmen, sofern sie weiterhin manuell und analog erfolgen. Statt einer manuellen Datenerfassung können Bauunternehmen jedoch mit einer branchenspezifischen Software einen einheitlichen, digitalen und automatischen Prozess implementieren. So schaffen sie Transparenz und sparen Ressourcen. Zugleich erhöhen sie ihre Compliance und schaffen sich mit neuen Software-Features Möglichkeiten zur Baustellenverwaltung, die anhand von Datenanalysen und –auswertungen Rückschlüsse auf zum Beispiel versteckte Rückstände im Baufortschritt bietet. Die Digitalisierung bietet für Baustellen somit neben einer reinen Umsetzung vorher analoger Prozesse vor allem auch Mehrwerte durch innovative Einblicke und Automationen. (anm)
[1] PwC (2021): Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Corona in der Bauindustrie. Eine PwC-Studie zum Umgang der Branche mit den drei aktuellen Herausforderungen. Online verfügbar unter: https://www.pwc.de/de/digitale-transformation/pwc-studie-digitalisierung-nachhaltigkeit-und-corona-in-der-bauindustrie.pdf
[2] techconsult (2020/2021): Die Digitale Transformation im Baugewerbe. Studienüberblick. Online verfügbar unter: https://www.digitalisierungsindex.de/studie/digitale-transformation-baugewerbe-2021/
Weitere Informationen: https://web.opticon.site/
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