11.05.2023 – Kategorie: Bauprojekte

Trends in der Baubranche: Die große Expertenumfrage

Trends in der Baubranche

Kaum zu glauben, aber das Magazin „Bauen aktuell“ feiert in diesem Jahr schon sein zehnjähriges Bestehen.

Anlässlich dieses Jubiläums haben wir einen Querschnitt durch unsere geschätzte Kundenlandschaft gezogen und eine Umfrage zu Trends in der Baubranche gestartet, in der uns 13 Expertinnen und Experten ein kurzes Interview gegeben haben.

Trends in der Baubranche: Da geht es hin!

Hat im Maschinenbau und der Automobilindustrie die Digitalisierung schon seit langem Einzug gehalten, hinkt die Baubranche da immer noch ein wenig hinterher. Auch, wenn die Coronakrise dem Planungs- und Bauprozess einen erheblichen – wenn auch nicht geplanten – Digitalisierungsschub versetzt hat, kämpft sie immer noch mit vielen Herausforderungen: Fachkräftemangel, Materialknappheit, Preissteigerungen im Zuge der Energiekrise oder massive Zinserhöhungen gegen die Inflation. Bleibt zu hoffen, dass das Building Information Modeling (kurz BIM) sich weiter durchsetzt und die Baulandschaft dauerhaft verändert.

Wie aber lässt sich trotz aller Krisen weiterhin erfolgreich wirtschaften? Und welche Technologien und Themen bestimmen die Zukunft der Baubranche? Das haben wir unsere Expertinnen und Experten gefragt, die uns zahlreich Rede und Antwort standen: durchaus zuversichtlich und zukunftsorientiert.


Unsere Fragen an die Experten:

  1. Was sind für Sie im Baubereich die technischen Highlights der letzten zehn Jahre?
  2. Preissteigerungen, Fachkräftemangel und Lieferengpässe machen der Baubranche zu schaffen – wie wirkt sich das auf die Digitalisierung aus?
  3. Welche Veränderungen in der Baubranche würden Sie sich für die nächsten Jahre wünschen?

Trends in der Baubranche

Bernhard Tillmanns, Director Global Industry Management Building Technology, Phoenix Contact Deutschland

1. Das technische Highlight liegt für mich in dem Umstand, dass Building-IoT-Plattformen die klassische Gewerketrennung immer mehr aufweichen. Der Trend geht hin zu digitalen, vernetzten Infrastrukturen.

2. Das wirkt sich positiv aus, denn durch die Entwicklungen der letzten Zeit steigt der Druck zu Veränderungsprozessen in Richtung Innovationen. Allerdings stellt uns dies gleichzeitig vor die Herausforderung, dass Fachkräfte nicht nur fehlen, sondern diese auch über weiter-gehende Kenntnisse verfügen müssen.

3. Eine nachhaltige Veränderung in den Planungsprozessen, damit Innovationen möglich werden. Darüber hinaus wäre ein gemeinsames Verständnis in der Immobilien-branche wünschenswert, dass die Wärmewende jetzt umzusetzen ist, um das 1,5-Grad-Klimaziel noch zu erreichen. Also weg von fossiler Primärenergie durch Nutzung innovativer Versorgungskonzepte, die auf regenerativer Energie aufsetzen.


KI und VR auf dem Vormarsch

Yves Padrines, CEO der Nemetschek Group

1. In den letzten zehn Jahren hat sich im gesamten Baulebenszyklus in Sachen Digitalisierung viel getan. Die Coronapandemie hat diesen Trend um drei Jahre beschleunigt. Insbesondere die Nutzung von BIM und OPEN BIM hat deutlich zugenommen, unter anderem weil die Verwendung von BIM für öffentliche Infrastrukturprojekte in Deutschland und in anderen Ländern wie den USA und Großbritannien inzwischen Pflicht ist. Es gab auch einen starken Anstieg beim Einsatz von KI- und VR-Technologien. Auch die Vorfertigung hat an Bedeutung gewonnen und wird immer wichtiger werden, für mehr Effizienz und Nachhaltigkeit. Nicht zuletzt ist eine der wichtigsten Entwicklungen der letzten zehn Jahre der zunehmende Einsatz digitaler Zwillinge, also des virtuellen Abbilds realer Objekte, wodurch sich die analoge (das Gebäude) und die virtuelle Welt (der digitale Zwilling) noch stärker miteinander verbinden.

2. Die Digitalisierung ist tatsächlich der Schlüssel zur Bewältigung dieser Herausforderungen. Ich meine, die aktuelle Situation gibt der Digitalisierung einen zusätzlichen Schub, in dem Workflows und interdisziplinäre Zusammenarbeit verbessert werden. Wir sehen viele Anwendungsfälle bei kleinen bis sehr großen Projekten, bei denen Unternehmen durch den Einsatz von Projektmanagementsoftware, BIM-Lösungen, Tools für die Zusammenarbeit usw. den Zeit- und Kostenrahmen einhalten, weniger Material verschwenden und umweltfreundlichere Gebäude bauen können. Dieser Trend muss sich weiter fortsetzen.

3. Die Branche muss Effizienz, Nachhaltigkeit und Innovation in der Bauwirtschaft weiter vorantreiben – nicht nur, um die Klimaziele zu erreichen, sondern auch, um ihre Zukunft zu sichern. Auch staatliche Vorgaben spielen hier eine wichtige Rolle: BIM wird für staatliche Projekte zunehmend zur Pflicht. Das treibt die Digitalisierung voran. Mit unseren Softwarelösungen lassen sich Gebäude effizienter und nachhaltiger planen, bauen und betreiben, und wir ermöglichen unseren Kunden, die Welt zu gestalten.


Trends in der Baubranche

Markus Gallenberger, CEO von SCIA, FRILO und DC-Software

1. Technische Highlights sind unweigerlich mit der digitalen Transformation der Baubranche verbunden. Im Softwarebereich begeistert mich vor allem der Fortschritt, der in den letzten zehn Jahren hinsichtlich der Kollaboration in der AEC/O-Branche erzielt wurde. Zahlreiche Softwareanbieter für Architektur und Tragwerksplanung haben sich der OpenBIM-Philosophie verschrieben und gewinnbringende Innovationen entwickelt. In der Planungsphase lassen sich Datenverluste und Fehlerquellen beim interdisziplinären Informationsaustausch dank smarter Schnittstellen minimieren.

2. Diese Faktoren führen dazu, dass die Notwendigkeit digitaler Transformation weiter steigt. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, müssen wir als Softwarehersteller erst recht Lösungen anbieten, die einfach und intuitiv zu bedienen sind und es Tragwerksplanern ermöglichen, sich in ihrer kostbaren Arbeitszeit auf das Wesentliche zu konzentrieren. Die Automatisierung von Prozessen und die bereits erwähnten OpenBIM-Workflows spielen dabei eine entscheidende Rolle. Um Preissteigerungen und Lieferengpässen zu begegnen, richten wir unsere Programme kontinuierlich auf die Optimierung der Materialeffizienz aus.

3. Ich erhoffe mir eine noch stärkere Kollaboration der einzelnen Fachdisziplinen entlang des Lebenszyklus eines Gebäudes, um rechtzeitig auf Herausforderungen reagieren und Änderungen am Bauwerk nachverfolgen zu können. Je eher in frühen Projektphasen eine Projektion in die Zukunft möglich ist, desto nachhaltiger kann man planen, bauen, betreiben und rückbauen.


Trends in der Baubranche: BIM wird elementar

Dr. Oliver Geibig, Geschäftsführer Business Units & Engineering, Unternehmensgruppe fischer

1. Nach Dekaden mit inkrementellen Produktivitätssteigerungen hat die Digitale Transformation der Bauindustrie begonnen. Die Methode BIM wurde weiter konkretisiert und etabliert – insbesondere, um die Planung zu optimieren und diese medienbruchfrei auf die Baustelle zu bringen. Robotik hat ebenfalls am Bau Einzug gehalten und ermöglicht sicheres Arbeiten und Effizienzsteigerung. Darüber hinaus gibt es weitere Technologien in der Digitalisierung und bei den Trends in der Baubranche (IoT), um Bauverantwortliche durch vernetzte Geräte und Sensoren in Echtzeit mit Daten zu versorgen.

2. Diese Herausforderungen haben uns noch einmal die Defizite aufgezeigt. Es sind nun zeitnah Lösungen zur Effizienzsteigerung gefragt. Hierbei geht es auch um Themen wie modulares Bauen, einen hohen Grad an Vorfertigung sowie die Automation auf der Baustelle. Die Unternehmensgruppe fischer bietet dafür ein breites Spektrum an Innovationen und digitalen Lösungen. Unser neuer Roboter BauBot übernimmt etwa die Bohrlocherstellung und Installation der fischer-Befestigungs-lösungen in Böden, Wänden und Decken. Im Ergebnis erhöht der Einsatz des Roboters die Effizienz beim Arbeiten, reduziert Fehler, spart Kosten und Zeit, was letztlich den Projekterfolg sicherstellt.

3. Die Digitalisierung und BIM dürfen nicht mehr nur reine Themen von Experten sein, sondern müssen sich in die Breite entwickeln. Dazu sind digitale Lösungen entlang der Wertschöpfungskette zu implementieren. Die BIM World Munich bietet hier sicher eine gute Informationsplattform und Anlaufstelle für alle Beteiligten. Wünschenswert wäre auch, dass es wieder zu mehr gewerkeübergreifendem Miteinander kommt, so dass alle am Erfolg der Bauprojekte gemessen werden und letztendlich alle von den Trends in der Baubranche profitieren.


Harald Mair, Geschäftsführer bei PROJEKT PRO

1. In den letzten zehn Jahren hat sich bei den Trends in der Baubranche vor allem in der Digitalisierung einiges getan, aber es besteht immer noch großes Potenzial. Meine technischen Highlights sind ohne Zweifel die Einführung von BIM, das digitale Bauprojektmanagement direkt auf der Baustelle und die zentrale Datenhaltung in der Cloud.

2. Sich täglich verändernde Preise sowie der Fachkräftemangel im Büro und auf der Baustelle erfordern schnelles Reagieren und ein agiles Management, wofür digitale Werkzeuge unabdingbar sind. Unkalkulierbare Lieferverzögerungen führen zu Terminverschiebungen, die nicht selten große, sich verstärkende Auswirkungen auf Abläufe und Fertigstellungen haben. Lieferengpässe erfordern außerdem in der Bauphase immer häufiger die Suche nach Alternativen bis hin zu notwendigen Umplanungen. All diese Faktoren haben zur Folge, dass digitales Projektmanagement mit professionellen Branchentools zur Ressourcen- und Mitarbeiterplanung auch im Planungsbüro unabdingbar geworden sind.

3. Das (Neu-)Bauen trägt zu einem hohen Teil zur globalen CO2-Belastung bei. Neben klimaneutralen und klimafreundlichen Baustoffen ist das Wieder- oder Weiterverwenden von Gebäuden und Bauteilen eine wichtige Aufgabe für Planende. Der Planung sollte daher insgesamt ein größerer Stellenwert eingeräumt werden. Für die nächsten Jahre wünsche ich mir deshalb eine besonnenere Bautätigkeit mit mehr Augenmerk auf eine nachhaltige und klimagerechte Baukultur.


Unsere Fragen an die Experten:

  1. Was sind für Sie im Baubereich die technischen Highlights der letzten zehn Jahre?
  2. Preissteigerungen, Fachkräftemangel und Lieferengpässe machen der Baubranche zu schaffen – wie wirkt sich das auf die Digitalisierung aus?
  3. Welche Veränderungen in der Baubranche würden Sie sich für die nächsten Jahre wünschen?

Trends in der Baubranche

Juliska Del Degan, Chief Marketing Officer bei Thinkproject

1. Da gibt es zwei ganz wesentliche Entwicklungen: zunächst sind es die mobilen Anwendungen, denn rund 80 Prozent der Arbeit finden draußen statt. Dort muss eine Software verfügbar sein, dort soll sie die Entscheidungen unterstützen. Das zweite Highlight ist der Siegeszug des Building Information Modeling. Die BIM-Adoption weitet sich schnell aus, von der Entwurfsphase bis zum Betrieb.

2. All diese Faktoren fördern die Digitalisierung, womit sie noch sinnvoller wird. So kann Digitalisierung dazu beitragen, banale Aufgaben zu automatisieren, damit sich die Arbeiter auf die richtigen Dinge konzentrieren können. Sie hilft auch angesichts schrumpfender Margen, da sie höhere Produktivität, mehr Automatisierung und weniger Nacharbeit verspricht. Und was Versorgungsengpässe betrifft, lässt sich mit Software stets ein exakter Überblick über die gelieferten Materialien behalten, wenngleich Materialverfolgung bisher nur langsam eingeführt wird.

3. Ein höheres Maß an Digitalisierung, insbesondere durch Produktivitätsapps für die Baustelle. Anwendungen, um Ressourcen in Echtzeit zu verfolgen und sie optimal zu nutzen: Arbeitskräfte, Material und Ausrüstung. Derzeit läuft nicht einmal ein Drittel der verwendeten Software auf dem Smartphone oder dem Tablet. Letztlich ist eine noch größere mobile Verfügbarkeit zwangsläufig, schon wegen der wachsenden Adoption mobiler Geräte im privaten Umfeld.


Mobiles Arbeiten

André Steffin, Vorstand der G&W Software AG

1. Das mobile Arbeiten und BIM. Beides könnte man unter dem Sammelbegriff Digitalisierung zusammenfassen. Das würde jedoch nicht annähernd die großen Auswirkungen auf das gesamte Arbeitsumfeld der Baubranche ausdrücken. Können Sie sich heute ein Bauprojekt ohne Mobiltelefon oder Tablet vorstellen? Diese Werkzeuge sind unverzichtbar für jede Kommunikation im Projekt, so wie auch der Zugriff auf wichtige Projektunterlagen ohne die Mitführung von Akten-stapeln inzwischen selbstverständlich ist. Die BIM-Methode als einer der Trends in der Baubranche etabliert sich in den letzten Jahren durch die zunehmende Integration in die führenden CAD- und AVA-Softwaresysteme. Das Abtippen von Daten und die mehrfache Verarbeitung von eigentlich längst vorhandenen Informationen können sich immer weniger Projekt-beteiligte leisten.

2. Es führt zu einem Zwang – ohne Digitalisierung hat ein Unternehmen in diesen Zeiten keine Zukunft. Wer hier nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Lieferengpässe sind nicht mit Digitalisierung heilbar. Die in den krisenfreien Jahren vor Corona erfolgte Lieferkettenoptimierung ist mit einem ausgewogenen Risikomanagement zu ergänzen. Ist der Preis alleiniges Kriterium, kann das teuer werden.

3. Ich wünsche mir, in der Diskussion um die BIM-Methode mehr die Chancen zu sehen, weniger die Risiken. Ich wünsche mir, dass die Öffentliche Hand als größter Investor seine technischen Ressourcen schneller modernisiert und in den Amtsstuben flächendeckend mehr Leidenschaft in die Ausbildung und Motivation für moderne Bauprozesse steckt. Wir brauchen flächendeckend bezahlbares Highspeed-Internet, nicht nur in den Ballungszentren. Mobiles Arbeiten ist überall.


Stefan Kaufmann, Produktmanager BIM Strategy and New Technologies, ALLPLAN

1. In den letzten zehn Jahren haben wir eine zweite Welle der Digitalisierung der Immobilienwirtschaft erlebt. Während die erste Welle eine Substitution analoger Prozesse war, hat sich das Bauwesen in den letzten Jahren mit dem wahren Potenzial digitaler Methoden beschäftigt. Dazu gehören der Einsatz von BIM-Modellen, cloudbasierten Plattformen sowie starke Kommunikationsnetze für die dezentrale Zusammenarbeit. Aber auch geschlossene digitale Ketten vom Entwurf bis zur Maschinensteuerung automatisierter Fertigungsanlagen wie 3D-Drucker.

Eine massive Vereinfachung numerischer Verfahren zur Visualisierung sowie zur Berechnung der Bauwerksstatik und Gebäudephysik stellen sicher, dass man Bauwerke mit hoher Qualität und ressourceneffizient erstellen kann. Eine wachsende Bandbreite sensorgestützter Verfahren zur Datenakquise unterstützt dabei, Informationen auf der Baustelle zu dokumentieren und mit den Projektpartnern zu teilen. Dazu gehören neben Tablets auch Drohnen, mobile 3D-Laserscanner und 360-Grad-Videokameras.

2. Das Bauwesen hat in den letzten zehn Jahren an seiner Leistungsgrenze gearbeitet. Bei vollen Auftragsbüchern haben die Unternehmen kaum Zeit und Motivation, technische Innovationen einzuführen. Die aktuelle Krise schafft Spielräume, um an der digitalen Transformation zu arbeiten. Dazu gehört die Ausbildung aller Mitarbeiter zu BIM-Professionals genauso wie die Investition in neue parametrische Software, etwa für die Brückenplanung. Aber auch im Hochbau bietet die Automatisierung von Planungsverfahren durch Visual Scripting und smarte, parametrische Bauteile das Potenzial, die Produktivität um ein Vielfaches zu steigern. Ich gehe davon aus, dass die nächsten Jahre daher zur Weichenstellung in der Baubranche werden. Es wird Unternehmen geben, die jetzt in Digitalisierung und Innovation investieren, um nach der Krise mit hoher Effizienz neues Wachstum zu schaffen.

3. Die Baubranche steht vor der Herausforderung, einer der Hauptakteure der ökologischen Transformation zu werden. Die Gesellschaft verlässt sich darauf, dass mit höchster Innovationskraft neue technische Lösungen und Konzepte entwickelt werden, die es ermöglichen, unsere Städte und Kommunen zu klimaneutralen Orten zu machen.


Trends in der Baubranche

Rainer Sailer, Vorstand Bauwesen bei Mensch und Maschine Software SE

1. Zweifellos sind die Einführung der BIM-Methode und die Etablierung der modellbasierten Arbeitsweise als Trends in der Baubranche die Grundlage für eine transparente Projektkommunikation. Somit war und ist BIM der Treiber für den längst überfälligen Digitalisierungsschub der Bauindustrie. Dafür notwendig war aber auch eine neue Cloud-basierte Softwaregeneration, die auch die Kommunikation der Projektbeteiligten untereinander revolutioniert hat. Scannen ist ein fester Bestandteil vor allem in der Bestandsplanung – und der Einsatz von Drohnen hilft für mehr Sicherheit und Transparenz auf der Baustelle. Aber vor allem ist das Thema Nachhaltigkeit endlich auch auf der Baustelle angekommen.

2. Der Digitalisierungsdruck steigt aufgrund dieser Randbedingungen erheblich und der Krieg um die besten Köpfe ist längst da. Die Frage lautet, wie schaffe ich mehr Produktivität bei weniger Mitarbeitern? Das heißt aber auch, etablierte Pfade zu verlassen und neue Ideen nicht nur zuzulassen, sondern gezielt zu fördern. Etwa präziser zu kalkulieren, um an Aufträge zu kommen und gleichzeitig Wissen nicht mehr zu horten, sondern einen aktiven Know-how-Transfer in neue Systeme zu forcieren. Wissen muss demokratisiert werden. Produktivitätssteigerung unter diesen Bedingungen heißt, bessere Methoden und Prozesse mittels Technologie zu implementieren und neue Wege zu gehen.

3. Mehr Mut, um neue Wege zu gehen! Sehr häufig ist die Erkenntnis über unzählige Analysen vorhanden, aber es fehlt der Mut zur konsequenten Umsetzung. Mehr Miteinander! Die Deutsche Baukultur ist geprägt von Nachtragsmanagement, Misstrauen und unzähligen Prozessen um Themen, die in vielen Fällen im Vorfeld bekannt sind. Deshalb neue Vertrags- und Honorar-Modelle, die einen gemeinsam geschuldeten Erfolg fördern und keine Gräben aufwerfen.


Trends in der Baubranche für die Architektur von Morgen

Dr. Eberhard Stegner, Geschäftsführer Graphisoft Deutschland

1. Für uns steht BIM als 3D-orientierte und modell-basierte Planung an erster Stelle. Mit dieser Methode hat sich die Arbeitsweise in den Architektur- und Ingenieurbüros maßgeblich und unwiederbringlich verändert. Digital zu planen und das Potenzial digitaler Planungswerkzeuge zu nutzen, ermöglicht eine Vielzahl innovativer Entwicklungen für das Planen und Bauen und darüber hinaus: den Gebäudebetrieb. Der nächste große Schritt wird die KI-Unterstützung sein. Künstliche Intelligenz kann Planerinnen und Planern bei wichtigen Entscheidungen unterstützen, indem sie Planungsmodelle auf ihre Plausibilität überprüft oder Varianten und Lösungsansätze aufzeigt.

2. Die genannten Tendenzen üben Druck von außen aus. Sie bewirken, dass sich Prozesse, Einstellungen, Menschen ändern.
Digitalisierung und BIM erlauben es, bessere Prozesse zu etablieren und die genannten Tendenzen besser zu bewältigen. Die Digitalisierung kommt mit immensen Chancen: War es mit den Anfängen von CAD „nur“ die Digitalisierung des Tuschestifts – also das Setzen von Linien in 2D, die vorher in Tinte gezeichnet wurden – lässt sich mit BIM der komplette Bauprozess verbessern und damit die gesamte Bauindustrie!

3. Mehr Vorfertigung und mehr serielles Bauen können als Trends in der Baubranche viele unserer Probleme lösen. Allerdings muss das komplett anders als noch vor zehn oder 20 Jahren gedacht werden. Serielles Bauen darf nicht Eintönigkeit und Mangelwirtschaft implizieren, sondern Individualität und Qualität in Serie. Sonst werden vorgefertigte Gebäude nicht von der Gesellschaft angenommen. Ebenfalls wichtig ist eine bessere Vorplanung, die damit eine qualitätsvollere sowie schnellere Ausführung bedeutet. Nachhaltige Baustoffe und Bauprodukte werden die Baubranche verändern. Nur so können wir unsere Abhängigkeit vom Werkstoff Beton verringern und resliliente Gebäude und Konzepte für eine Architektur von Morgen entwickeln.


Trends in der Baubranche

Dittmar Albeck, Geschäftsführer, GRAFEX Raster-/Image-Technologien

1. Die konsequente Umstellung von 2D auf eine 3D-Visualisierung mithilfe von Architekturrendering, Konstruktionen am Modell, die perfekte Darstellung sämtlicher Feinheiten eines Gebäudes wie etwa Mauerwerkdetails und Fassaden. So entstehen reale Bilder vor dem eigentlichen Baubeginn und damit auch eine räumliche Platzierung in eine vorhandene Bebauung. BIM sollte kein Schlagwort sein, sondern ist als cloud-basierter ganzheitlicher Prozess zu betrachten, um Informationen für ein Bauobjekt zu erstellen und zu verwalten. Ein Objekt über den gesamten Lebenszyklus hinweg erstellen: von der Planung über den Entwurf bis hin zum Bau und Betrieb.

2. Intransparente Prozesse, weniger Personal und mangelnde Effizienz bei Dokumentation und Controlling forcieren zwar die Digitalisierung, schaffen aber auch Monotonie. Großprojekte mit 250 Eigentumswohnungen etwa erhalten nur noch identische Ausstattungsmerkmale; es gibt keinen Platz für individuelle Anfragen. Dieses Vorgehen gleicht nicht nur Preissteigerungen aus, auch der Fachkräftemangel schafft hier Ausgleich. Digitalisierung und Nachhaltigkeit treiben sich wechselseitig und beide geraten aktuell gerade ins Stocken.

3. Meine Trends in der Baubranche: Weg vom Beton, dafür ökologische Baumaterialien und nachwachsende Rohstoffe wie Holz oder Pflanzenfasern (Beispiel: das 65 Meter hohe Holzhochhaus „Roots“ in der Hamburger HafenCity).
In diesem Kontext:
● energetische Aufbereitung von Bestandobjekten
● Hausbau aus dem 3D-Drucker
● sinnvoll durchdachte Smart-Home-Systeme, die jeder bedienen kann
● ressourcenschonende, klimaneutrale Heiztechnik, etwa Wärmepumpen, um eigenen Strom zu erzeugen
● konsequente digitalisierte Durchgängigkeit, digitales Mängelmanagement, die Eliminierung analoger Planwerke
● Lebensräume mit Konzepten – die Integration von Küchen, Bädern, Terrassen und so genannter Nutzflächen


Trends in der Baubranche

Dr.-Ing. Sylvia Kracht, Geschäftsführende Gesellschafterin, BCS CAD + INFORMATION TECHNOLOGIES

1. Aus dem branchenübergreifenden Blickwinkel eines „Quereinsteigers“ gibt es im Bauwesen ähnliche Entwicklungen wie vor Jahren in den anderen Branchen: Die Effizienz der Prozesse wird bei gleichzeitig verbesserter Qualität gesteigert. Damit verbunden ist mehr Transparenz durch firmenspezifische Standardisierung inklusive Vernetzung von Informationen, Teamarbeit und projektbezogene Weiterbildung der Mitarbeiter sowie permanentes Controlling. Bei der Komplexität des Bauwesens unterstützen dabei innovative Technologien wie BIM-konformer „Digital Twin“ mit Datenaustausch über OpenBIM, KI-Anwendungen für Datenerfassung und Visualisierung, Robotik bei Fertigung und Montage, Sensorik für den Betrieb. Entscheidend jedoch und daher das Highlight für mich, ist, dass immer mehr Firmen ganz individuell derart ihre Abläufe optimieren.

2. Die Digitalisierung wird durch diese „Schmerzen“ vorangetrieben. Firmenspezifische „traditionelle“ Abläufe werden neu bewertet und strukturiert. Damit steigen Prozesstransparenz und Bauwerksqualität, Durchlaufzeiten für Planung, Vorfertigung und Montage. Bisher gewohnte Aufwendungen für Nachbesserungen nach Bauende werden reduziert. Nachhaltigkeit mildert nicht nur Lieferengpässe, sondern sichert auch den effizienten Betrieb von Bauwerken. Innovative Kommunikationswerkzeuge unterstützen Monteure, zum Beispiel bei der Vorfertigung.

3. Mein Wunsch bei den Trends in der Baubranche ist nachhaltiges und nutzungsorientiertes Planen und Bauen inklusive Modernisierung und Sanierung des Bestands, umweltfreundliche grüne Städte mit ausgebautem Nahverkehr, standardmäßig effiziente BIM-konforme Arbeitsweise einschließlich Informationsvernetzung mit allen Bereichen, die das Bauwesen tangieren.

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