20.10.2016 – Kategorie: Branchen, IT

Simulation: Wie Bauwerke intelligent werden

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Wenn ein LKW an einem Haus vorbeidonnert, können sich die Vibrationen bis ins Dach und wieder herunter fortpflanzen und damit Böden und Balken vorübergehend erzittern lassen. Nun haben Wissenschaftler am MIT ein Computermodell entwickelt, das derartige Raumvibrationen interpretiert und aus dem Grundrauschen Schlüsselmerkmale herausliest, die auf die Stabilität des Bauwerks hinweisen.

Wenn ein LKW an einem Haus vorbeidonnert, können sich die Vibrationen bis ins Dach und wieder herunter fortpflanzen und damit Böden und Balken vorübergehend erzittern lassen. Nun haben Wissenschaftler am MIT ein Computermodell entwickelt, das derartige Raumvibrationen interpretiert und aus dem Grundrauschen Schlüsselmerkmale herausliest, die auf die Stabilität des Bauwerks hinweisen.

Das Modell lässt sich einsetzen, um ein Gebäude dauerhaft auf Anzeichen von Schäden oder mechanischer Belastung zu prüfen. Die Ergebnisse der Arbeit erscheinen online im Journal Mechanical Systems and Signal Processing.

Die weitere Folge davon sei, so Oral Buyukozturk, Professor in MIT’s Department of Civil and Environmental Engineering (CEE), dass man nach einem Ereignis wie einem Erdbeben die Veränderungen an den Strukturen sofort erkennen könne und sehen könne, ob und wo der Schaden aufgetreten sei. Zudem sorge die Lösung für ständige Überwachung und das Führen einer Datenbank.

Buyukozturk’s Co-Autoren sind Hao Sun, CEE Postdoc, der Leitautor des Papers; Aurélien Mordret, a postdoc im Department of Earth, Atmospheric and Planetary Sciences (EAPS); Germán Prieto, der Cecil and Ida Green Career Development Assistant Professor in EAPS; and M. Nafi Toksöz, ein EAPS-Professor.

Vitalzeichen

Das Team testete das Modell am Green Building des MIT, einem 21-stöckigen Bauwerk komplett aus Stahlbeton. Es wurde in den 60er Jahren vom Architekten und MIT-Alumnus I.M. Pei geplant und gilt als die höchste Struktur in Cambridge, Massachusetts.  Im Jahr 2019 haben Toksöz und andere am MIT mit der United States Geological Survey zusammengespannt, um das Green Building mit 36 Beschleunigungssensoren auszustatten, die Vibrationen und Bewegungen auf ausgewählten Stockwerken vom Fundament bis zum Dach aufzeichnen sollten.

Buyukozturk sagt, diese Sensoren repräsentierten ein eingebettetes Nervensystem. „Die Herausforderung ist, wichtige Zeichen aus den Sensordaten herauszuholen und sie mit den Gesundheitscharakteristika eines Gebäudes in Verbindung zu bringen.“

Dafür hat das Team zunächst eine Computersimulation des Green Building in Form eines Finite-Elemente-Modells erstellt, das die großräumige physische Struktur und die gesamte zugrunde liegende Bauphysik als eine Sammlung kleinerer, einfacherer Teilbereiche erfasst. In diesem Fall bauten die Forscher ein wirklichkeitsnahes Finite-Elemente-Modell und fütterten dieses mit verschiedenen Parametern, einschließlich der Stärke und Dichte der Betonwände, Pfeiler, Balken und Treppen in jeden Geschoß.

Ist das Modell erstellt, sollten die Forscher in der Lage sein, einen Stimulus in die Simulation einzuführen, beispielsweise eine Vibration, wie sie von fahrenden LKWs ausgeht. Das Modell würde dann vorhersagen, wie das Gebäude und seine diversen Strukturen darauf reagieren.

Aber das Modell verwende eine Menge von Annahmen über das Material des Gebäudes, seine Geometrie oder die Dicke der Elemente, merkt Buyukozturk an. „Daher haben wir das Modell mit tatsächlichen Meßdaten ausgestattet, um eine bessere Information darüber zu geben, was am Gebäude geschehen sein könnte.“

Um die Antwort des Bauwerks auf räumliche Vibrationen genauer vorherzusagen, hat die Gruppe Daten von den Beschleunigungssensoren gesammelt und dabei auf Schlüsselmerkmale geachtet, die direkt mit der Steifheit oder anderen Indikatoren der Gebäudegesundheit zusammenhängen. Dafür hat man ein neues Verfahren mit dem seismischen Interferometrie-Konzept entwickelt, das beschreibt, wie ein Vibrationsmuster sich ändert, wenn es sich vom Gebäudegrund bis zum Dach fort bewegt.

Die Wissenschaftler fügten diese Gleichung ihrem Modell des Green Buildings hinzu und ließen es mehrfach berechnen, jedes mal mit einem zu einem bestimmten Zeitpunkt gewonnenen Datensatz über einen Zeitraum von zwei Wochen hinweg. Mit mehr Daten wurde das Berechnungssystem intelligenter. Man war sich sicher, dass Gebäudeschäden im System auftauchen.

Intelligente Bauwerke

Wie hat sich also das Green Building seit seinem Bau vor mehr als 50 Jahren geschlagen? Buyukozturk: „Das Gebäude ist sicher, ist aber einigen Vibrationen ausgesetzt, vor allem in den oberen Stockwerken.“ Es sei auf weichem Grund gebaut, lang in einer Richtung und schmal in der anderen, mit steifen Betonwänden an jeder Seite. Deshalb zeige es Torsionsbewegungen und Erschütterungen vor allem an windigen Tagen.

Die Wissenschaftler planen, das Berechnungsmodell mit Experimenten im Labor zu prüfen. Dazu haben sie eine 4 Meter hohe Replik einer Gebäudestruktur errichtet, die sie mit Akzelerometern ausstatten werden.  Sie werden die Effekte von Vibrationen genauso untersuchen, wie die Reaktion der Struktur auf Einschläge oder andere, seismische Stimuli. Zudem erbaut das Team eine Stahlstruktur in Woburn, Massachusetts, von der Größe eines Mobilfunkmasts und wird ähnliche Experimente ausführen, die letztendlich helfen sollen, das Berechnungsmodell zu verfeinern.

Lead-Autor Hao Sun kann sich vorstellen, dass derartige Überwachungssysteme an allen Gebäuden angebracht werden. So ausgerüstet, würden die Bauwerke intelligent werden, ihren eigenen Zustand in Echtzeit fühlen und möglicherweise gegen Extremereignisse gewappnet sein.

Bild: M. Nafi Toksöz, Professor am Department of Earth, Atmospheric and Planetary Sciences (EAPS); Oral Buyukozturk, Professor am Department of Civil and Environmental Engineering (CEE); und Hao Sun, ein Postdoc in CEE. Das Green Building hinter ihnen verfügt über 36 Beschleunigungssensoren, die Vibrationen und Bewegungen von ausgewählten Geschossen aufzeichnen, vom Fundament bis zum Dach.

Photo: Jose-Luis Olivares/MIT

 


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