25.07.2022 – Kategorie: Bauprojekte
Rohstoffkreislauf bei der Gebäudemodernisierung: So funktioniert es
Erst vor kurzem wurde das Gebäude der Schüco Corporate Services vollständig modernisiert. Sämtliche Aluminiumbauteile wurden zur Wiederverwertung in den Rohstoffkreislauf zurückgeführt. An ihrer Stelle gibt nun die Cradle-to-Cradle-zertifizierte Elementfassade dem Gebäude ein neues Gesicht.
Rohstoffkreislauf: Seit 2016 wird die Schüco-Unternehmenszentrale stetig erweitert und umstrukturiert. Zu den Neu- und Umbauten zählen auch der von 3XN Architects geplante Schüco-One-Neubau, das Schüco-Parkhaus mit der markanten Textilfassade FACID sowie das aus einer ehemaligen Produktionshalle nach New-Work-Prinzipien umgestaltete Bürogebäude Digital Hub One. Nach dreijähriger Sanierungs- und Umbauzeit wurde Ende 2021 das Corporate-Services-Gebäude seinen neuen Nutzern, den Finanz- und IT-Bereichen, übergeben.
Rohstoffkreislauf: Wie die Modernisierung gelingt
Der Komplex besteht aus drei Baukörpern in Stahlbetonbauweise: einem siebengeschossigen Kopfbau vis-à-vis zur künftigen Unternehmenszentrale Schüco One, einem sechsgeschossigen Gebäude entlang der Karolinenstraße sowie einem langgestreckten, zweigeschossigen Flachbau parallel zur Herforder Straße.
Die drei Gebäudeteile entstanden sukzessive in den Jahren 1960 bis 1980. 2001 erhielt die Fassade, die als Schüco-Fensterbandsystem ausgeführt war, eine vorgehängte zweite Glas-Aluminiumhaut. Im Inneren wurden bis dato jedoch keine großen Änderungen vorgenommen. So entsprach der Bestand noch mehr oder minder dem ursprünglichen Zustand.
Ausschlaggebend für den jüngsten Umbau war die Tatsache, dass die vorhandene Substanz nicht mehr den aktuellen Brandschutzanforderungen entsprach. Im Verlauf ergänzender Untersuchungen offenbarten sich weitere technische und funktionale Mängel, etwa an haustechnischen und sanitären Anlagen und in Sachen Barrierefreiheit. Auch Optisch ließ der Bestand zu wünschen übrig: So waren zum Beispiel die aus den 1980er-Jahren stammende Farbgebung im Inneren und die abgehängten Decken in Fluren und Büros nicht mehr zeitgemäß. Zudem mangelte es an offenen Arbeitsbereichen und repräsentativen, einladenden Räumen für die informelle Kommunikation. Für Schüco und das mit der Planung beauftragte Büro tr.architekten aus Köln war daher klar, dass neben der technischen Mängelbehebung auch eine grundlegende Umstrukturierung der Innenräume nötig war.
Arbeitsplatzkonzept New Work
Das Planungsteam ging hierfür in mehreren Schritten vor. Die Büroebenen wurden nach dem New-Work-Prinzip komplett neugestaltet. Ausgelegt sind die Flächen für 160 Mitarbeiter. Zusätzlich wurden Räume für externe Wirtschafts- und Steuerprüfer eingerichtet. Offene Bereiche mit Desksharing, Einzelbüros für ruhiges Arbeiten, Besprechungsräume und Zonen für die informelle Kommunikation wechseln in den Grundrissen einander ab. Außerdem waren die späteren Nutzer kontinuierlich in den Planungsprozess einbezogen, um die Akzeptanz der neuen Arbeitsformen in der Belegschaft zu fördern.
Ein neues Gesicht erhielten auch die Empfangs- und Erschließungsflächen. Zu diesem Zweck entfernte man den bestehenden Aufzugsschacht in der Mitte des Gebäudes. Ein neuer Aufzug befindet sich nun am Schnittpunkt aller drei Baukörper an der rückwärtigen Hoffassade. Die hinzugewonnene Nutzfläche funktionierte das Planungsteam in offene Kommunikationszonen um.
Zeitlose Gebäudehülle
Ein weiterer Schwerpunkt der Planung war der vollständige Rückbau der Aluminium-Bestandsbauteile und die Erneuerung der Fassade. „Wir haben beim Corporate-Services-Gebäude einen ganzheitlichen Planungsansatz verfolgt“, erläutert der bei Schüco verantwortliche Architekt André Schreiber. „Deswegen sollte auch die Fassade nachhaltig und zeitlos sein. Passend zur Idee, auf dem Campus möglichst viele unserer Produkte in der Anwendung zu zeigen, setzen wir hier das erste Mal die Cradle-to-Cradle (C2C)-Silber-zertifizierte Elementfassade AF UDC 80 ein.“
Auch mit der neuen Gebäudehülle bleiben die drei Bauteile des Bestandsgebäudes als heterogene, additive Struktur ablesbar. Gleichzeitig verleiht ihnen die Elementfassade ein homogenes, ruhiges Äußeres. Auf diese Weise bildet das Gebäude einen Gegenpol zur expressiven Gestalt des gegenüberliegenden Schüco-One-Neubaus.
Durch ihren elementierten Aufbau lässt sich die UDC 80 der jeweiligen baulichen Situation und der Verteilung der Funktionen im Gebäude gut anpassen. Zusammengesetzt ist die Fassade des Gebäudes aus rund 332 vorgefertigten Elementen. Flügel- und Panoramafenster, geschlossene Paneelfelder und Lüftungsflügel wechseln sich darin einander ab. Erstmals wurde auch der Sonnenschutz Schüco AB ZDS (Aluminium Blind ZIP Design Screen), ein textiles außenliegendes Sonnenschutz-Rollosystem, in die Elementfassade integriert. Ein weiteres projektspezifisches Detail sind die Deckleisten an den Fenstern. Diese treten in drei unterschiedlichen Tiefen aus der Fassadenflucht heraus und kreieren auf der Gebäudehülle ein subtiles Schattenspiel.
Zurück in den Rohstoffkreislauf
Als man sich entschieden hatte, die Fassade zu erneuern, stand sofort fest, auch das Thema Recycling aufzugreifen. Denn die Bestandsfassade aus den 1980er- und 2000er-Jahren hatte einen hohen Aluminiumanteil. Zudem ist das Bielefelder Unternehmen Gründungsmitglied der A|U|F, einem Verein, der einen geschlossenen Wertstoffkreislauf für Aluminium in der Fenster-, Türen- und Fassadenbranche organisiert. Folglich wurden alle Aluminiumbauteile der Fassade und des Vordachs rückgebaut und dem A|U|F-Rohstoffkreislauf zugeführt. Um eine sortenreine Trennung zu gewährleisten, sammelte das mit dem Abriss beauftragte Unternehmen die einzelnen Materialfraktionen so weit wie möglich in getrennten Containern. Das Aluminium wurde daraufhin über mehrere Containerladungen durch Unternehmen des A|U|F recycliert. Die so zurückgewonnenen Mengen – in Summe waren es 28 Tonnen – ließ European Aluminium (EA) durch einen externen Auditor bewerten. Dabei ermittelte er eine Recyclingquote von 98,3 Prozent.
Neben der UDC 80 kamen in dem Sanierungsobjekt weitere C2C-Silber-zertifizierte Produkte an der Eingangsfassade und den Türen zum Einsatz. Nach der Sanierung erreicht das Gebäude nun den ambitionierten KfW-70-Standard und verbraucht damit jährlich 265.000 kWh weniger Primärenergie als vorher.
Versorgt wird der sanierte Bürobau mit Heizenergie und Warmwasser aus Fernwärme sowie mit zertifiziertem Ökostrom. Zudem legte Schüco Wert auf Baumaterialien aus nachwachsenden Rohstoffen. Die Dächer wurden beispielsweise mit Zellulosefasern gedämmt.
Die Anlegung eines Gründachs ist in der Planung. Eine 500 qm große, extensiv begrünte Fläche soll die Insektenvielfalt fördern, das Mikroklima im und am Gebäude verbessern sowie Lärm und Feinstaub mindern.
Von Roland Bauer.
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