10.10.2023 – Kategorie: Projekt- und Kostenmanagement
Ressourcenschonend Bauen: Wie die Digitalisierung die Baubranche grüner macht
Die Digitalisierung beim Gebäudebau schreitet voran. Aber mit der Planung sind die Grenzen der digitalen Möglichkeiten für die Bauwirtschaft noch lange nicht ausgeschöpft. Digitale Zwillinge von Gebäuden helfen dabei, den gesamten Gebäudelebenszyklus zu optimieren. So lassen sich Gebäude effizienter planen, bauen, verwalten, zurück- und umbauen. Das trägt auch zu einer verbesserten CO2-Bilanz bei. Die Basis dafür bildet die interdisziplinäre Zusammenarbeit.
Ressourcenschonend Bauen: Die Baubranche steht vor großen Herausforderungen. Gebäude müssen effizienter und umweltschonender werden. Bis 2030 müssen die CO2-Emissionen im Gebäudesektor um 65 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 sinken. Das fordert die Novelle des Klimaschutzgesetzes vom 31. August 2021. Der Bausektor sorgte im Jahr 2021 für rund 40 Prozent der CO2-Emissionen, der Bauprozess selbst hingegen für elf Prozent. Allein in Deutschland muss der Primärenergieverbrauch bei 20 Millionen Wohngebäuden in den kommenden Jahren massiv reduziert werden. Daher und angesichts des Kostendrucks in der Bauindustrie bei gleichzeitigem Fachkräftemangel wird die Digitalisierung zu einer Voraussetzung, um Klimaziele zu erfüllen.
Ressourcenschonend Bauen dank BIM
Mit intelligenten Planungstools, die weit über die Visualisierung hinausgehen, sowie KI- und Machine-Learning-Applikationen lässt sich der Baulebenszyklus nachhaltiger gestalten, und es können von Grund auf nachhaltige Gebäude konzipiert werden. Eine derart vernetzte Bauindustrie ist jedoch auf eine solide gemeinsame Datenbasis angewiesen. Die Basis hierfür bildet der Open-BIM-Ansatz für die interdisziplinäre digitale Kollaboration in der AEC/O-Branche, wie ihn etwa Nemetschek fördert unterstützt. Durch den offenen BIM-Standard können unterschiedliche Stakeholder entlang der Wertschöpfungskette von Bau- und Infrastrukturprojekten projektbezogene Daten in einem neutralen, vertraglich geregelten Format im- und exportieren, weiterverarbeiten und teilen. So entstehen Synergien zwischen den einzelnen Gewerken, und der gesamte Gebäudelebenszyklus lässt sich von Anfang bis Ende abbilden.
Gebäude effizienter Planen
Bereits bei der Planung von Gebäuden zeigen sich die Vorteile von digitalen Tools, die die interdisziplinäre Zusammenarbeit fördern. So ist es bereits in frühen Planungsphasen möglich, digitale Modelle auf Kollisionen zu prüfen. Durch Datenkompatibilität im Zuge von Open BIM ist dies ohne großen Aufwand möglich. Der Einsatz von offenen Planungs- und Datenmanagementlösungen ermöglicht es Projektteams, komplett digital zu planen, die Zusammenarbeit aller Gewerke zu verbessern und effizienter zu arbeiten. Dies führte zu Kosten- und Materialeinsparungen, einer besseren Projektkontrolle und besseren Ergebnissen.
Durch den digitalen Zwilling ist es möglich, die Dokumentation bereits vor dem ersten Spatenstich zu liefern sowie die Ergebnisse zu kontrollieren. Bei einem traditionellen Ansatz liegt die Dokumentation erst nach Fertigstellung des Gebäudes vor. So wird nicht nur die Datenqualität verbessert, sondern es sind auch während des Projektverlaufs alle Daten vollständig und korrekt verfügbar.
Aber nicht nur das Zusammenführen von Plänen wird durch digitale Tools vereinfacht und beschleunigt. Auch die Gebäudeplanung an sich wird durch digitale Planung und künstliche Intelligenz effizienter. So ist es beispielsweise möglich, die komplexe Berechnung zur Heizlast innerhalb weniger Stunden durchzuführen. Ohne digitale Tools werden dafür drei bis vier Arbeitstage benötigt. Dadurch können Planer mehr Projekte in kürzerer Zeit bearbeiten, ohne dass die Qualität der einzelnen Projekte darunter litte. Dies ist auch angesichts des Fachkräftemangels ein Beitrag zur Beschleunigung des Wohnungsbaus.
Ressourcenschonend Bauen
Auch das Thema effizienter Materialeinsatz gehört zu den drängenden Themen in der Baubranche. Besonders beliebt, weil schnell und effizient, sind Gebäude in Fertigteilbauweise. Die benötigten Elemente werden in Fabriken gefertigt und dann auf der Baustelle zu einem Gebäude zusammengeführt. Das erfreut sich großer Beliebtheit, da sie die Qualität, Zuverlässigkeit und Sicherheit erhöht. Auch die Produktivität auf der Baustelle wird dadurch erheblich gesteigert. Durch die Planung und Optimierung der Materialauswahl kann der entstehende Abfall so um 90 Prozent reduziert und direkt im Werk recycelt werden. Dadurch lässt sich auch der CO2-Ausstoß merklich reduzieren – ein wertvoller Beitrag zu nachhaltigerem Bauen. Um die Fertigbauweise optimal durchführen zu können, sind digitale Planungswerkzeuge eine Grundvoraussetzung.
Gebäude nachhaltig betreiben
Das enorme Potenzial der Digitalisierung beschränkt sich jedoch nicht nur auf Planung und Bauprozess, sondern umfasst auch Betrieb und Wartung der Gebäude. Anhand eines laufend aktualisierten digitalen Zwillings lassen sich Stellschrauben für mehr Energieeffizienz ermitteln, die in einem statischen Modell verborgen bleiben. Im Gebäudebetrieb können KI-basierte Softwarelösungen zur Kalkulation der Energieeffizienz viel zur Nachhaltigkeit beitragen.
Denkbar ist es auch, in Zukunft den digitalen Zwilling eines Gebäudes an das Gebäudeautomatisierungssystem zu koppeln. Gegen Ende des Gebäudelebenszyklus – bei einer Sanierung oder gar beim Rückbau – zahlt sich die lückenlose digitale Dokumentation durch Open BIM einmal mehr aus. Wenn Transparenz über die verwendeten Rohstoffe herrscht, lässt sich der Rückbau auch viele Jahre später effizient und ressourcenschonend planen. Damit kann ein Gebäude, das heute abgerissen wird, als Rohstofflieferant für neue, effiziente Gebäude dienen und der Kreislauf schließt sich.
Auch der Umbau von Gebäuden, etwa von Büro- zum Wohngebäude, ist mit digitalen Zwillingen effizient planbar. Gerade der Erhalt von Bestandsgebäuden durch Anpassung an neue Bedürfnisse ist ein Beitrag zur CO2-Einsparung im Bausektor.
Interoperabilität als Basis
Die einzelnen Bereiche des Gebäudelebenszyklus können für sich betrachtet enorm von den Vorteilen digitaler Tools profitieren. Richtig effizient wird es aber erst, wenn alle Bereiche Hand in Hand arbeiten können. Das heißt, dass einmal gesammelte Daten in allen weiteren Schritten genutzt werden können. Zudem sind Aspekte wie Angaben zu den Materialien für die energetische Optimierung ohne eine detaillierte Dokumentation nach Ende der Bauarbeiten nur noch schwer nachvollziehbar.
Von Viktor Várkonyi.
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Architektur & Bau, BIM - Building Information Modeling, Digitale Transformation, Software