01.01.2020 – Kategorie:

Raumakustik in sanierter Kirche: Nun klingt die Orgel wieder klar

Raumakustik verbessert in sanierter Frankfurter DiakonissenkircheQuelle: Caparol Farben Lacke Bautenschutz/Claus Graubner

Optimierte Raumakustik: Ein Weichschaumstoff auf Melaminharzbasis macht dem „Klangbrei“ in der sanierten Frankfurter Diakonissenkirche ein Ende.

Optimierte Raumakustik: Ein Weichschaumstoff auf Melaminharzbasis macht dem „Klangbrei“ in der sanierten Frankfurter Diakonissenkirche ein Ende. Von Petra Neumann-Prystaj

Nach dreizehn Monaten Umbauzeit freute sich die Kirchenmusikerin Karen Schmitt darauf, in der Frankfurter Diakonissenkirche wieder auf der Werner-Bosch-Orgel mit den 18 Registern spielen zu können. Nun erstrahlte der 2017/18 sanierte, neu gestaltete Innenraum der evangelischen Kirche zwar in neuer LED-Beleuchtung, allerdings hatte sich die Raumakustik erheblich verschlechtert. Kantorin Karen Schmitt traute sich kaum, alle Orgelregister zu nutzen, weil sie die Gemeindemitglieder nicht mit einem wummernden Klangbrei schocken wollte. Lediglich einige Flötenregister konnte sie bei der musikalischen Begleitung der Gemeinde im Gottesdienst nutzen.

Ein Vergleich der Referenzmessungen vor und nach der Sanierung ergab, dass sich die Nachhallzeit von vormals 3,5 Sekunden auf 4,1 Sekunden verlängert hatte. Schon zu Beginn der Sanierung hatte Malermeister Heinrich Traum, der seit Jahrzehnten für das Diakonissen Mutterhaus tätig ist, die Vermutung geäußert, dass sich die durchgeführten baulichen Veränderungen negativ auf die Akustik auswirken könnten.

Raumakustik nach der Sanierung: Nachhallzeit wurde länger

„Bei der Einweihungsfeier fiel das noch nicht auf“, erzählt der Sachverständige für Putz-, Malerarbeiten, Trockenbau und Schimmel. Da war der Kirchensaal voll besetzt, und die Kleidung der Besucher reduzierte den Nachhall. Aber Wochen später, bei der Verabschiedung eines Pfarrers vor einem kleineren Gästekreis, machte sich der Hall unangenehm bemerkbar – wie ein Echo-Effekt in den Bergen. Das Problem war durch den neuen Fußbodenaufbau mit den nun geschlossenen Heizluftöffnungen in Verbindung mit einer anders gewichteten Oberfläche entstanden.

Raumakustik in der Frankfurter Diakonissenkirche besser als vor der Sanierung.

Nach der Neugestaltung des Innenraums hatten die Orgelklänge plötzlich einen unerwünschten längeren Nachhall. Jetzt, nach dem Einbau von CapaCoustic Melapor Panel, klingt die „Königin der Instrumente“ sogar besser als vor der Sanierung. Foto: Caparol Farben Lacke Bautenschutz/Claus Graubner

Wie konnte es möglichst schnell, ohne großen Aufwand und bei laufendem Gottesdienstbetrieb gelöst werden? Um die angestrebten Nachhallzeiten zu erreichen, wandte sich der Malermeister daher an die Experten von Caparol. In Kooperation mit den Fachleuten des Unternehmen fand man eine Lösung gefunden und verbesserte sogar noch die ursprüngliche Akustik. Das Produktmanagement Akustik bat Verena Brettschneider, beratende Ingenieurin für Raumakustik und Mitarbeiterin des Dr.-Robert-Murjahn-Institutes, um Unterstützung; und sie übernahm daraufhin die akustische Aufarbeitung, Planung und Beratung. Die Diakonissenkirche war nicht die erste, deren Klangbild sie unter Berücksichtigung des architektonischen Gesamteindrucks neu dimensionierte. Nach intensiven Beratungen wurde ein Maßnahmenvorschlag mit CapaCoustic Melapor Panel realisiert. Dieser Weichschaumstoff auf Melaminharzbasis mit der filigranen offenzelligen Struktur ist leicht zu montieren und flexibel in der Form: Passend zur Umgebung wird er als Platte, Segel oder Baffle (ein senkrecht von der Decke abgehängtes Element) installiert. Er kann in jeder gewünschten Farbe beschichtet werden und dadurch besondere Farbakzente setzen oder sich unaufdringlich anpassen.


Malermeister Heinrich Traum (links), Caparol Außendienstmitarbeiter Björn Lemke (2. von links) und Caparol-Produktmanager Alexander Barchfeld (2. von rechts) erklären Kirchenmusikerin Karen Schmitt (Mitte) und Oberschwester Heidi Steinmetz die Funktion der Capacoustic-Schallabsorber. Bild: Caparol Farben Lacke Bautenschutz/Claus Graubner

Gute Erfahrungen mit dem Material bei unerwünschten Nachhallzeiten

Heinrich Traum hatte mit dem faszinierenden Material, das vorwiegend in Schulen, Kindergärten, Restaurants und Arztpraxen zum Einsatz kommt, schon gute Erfahrungen gemacht. Damit konnte er den Lärmpegel in einem Kinderheim, den Ruhebereich von Schwestern sowie Schulklassen gegen unerwünschte Nachhallzeiten „beruhigen“.

Eigens für die Diakonissenkirche wurde eine 400 mm breite, 100 mm dicke Panel angefertigt – dicker als der Standard, um auf mittlere und tiefe Frequenzen einwirken zu können. Teil der Aufgabenstellung war nämlich auch die Verbesserung der tiefen Frequenzen.

Die Montage erfolgte umlaufend, die Panels wurden als zusätzlicher Fries in die abgesetzten Kanten des Deckenversatzes integriert, so dass das Gesamtbild der Kirche nicht beeinflusst wurde. Der feine Unterschied zwischen dem Altweiß der Kirchenwände und dem helleren Weiß der Absorptionselemente fällt keinem Kirchenbesucher auf – sie sind ja auch acht bis knapp neun Meter über dem Boden angebracht.

Akustikelemente wurden im laufenden Betrieb angebracht

„Wir haben es geschafft, die Akustikelemente im laufenden Betrieb der Kirche anzubringen“, erzählt Malermeister Traum. „Montags in der Frühe haben wir die Bänke gelockert und weggestellt und die Fahrgerüste aufgestellt. Innerhalb einer Woche wurden die Arbeiten von vier bis fünf Mitarbeitern ausgeführt. Nach Abschluss der Arbeiten präsentiert sich die Akustik wieder in gewohnten Tonlagen und Nachhallzeiten. Der spezielle Schaumstoff hat sich wunderbar in die Gesamtoptik integriert.“

Kirchenmusikerin Karen Schmitt: Die Kirchenorgel klingt wieder klar.

Kirchenmusikerin Karen Schmitt kann wieder alle Register ziehen. Foto: Caparol Farben Lacke Bautenschutz/Claus Graubner

Auch die Kirchenmusikerin Karen Schmitt ist zufrieden: „Ich habe jetzt wieder das Gefühl, dass ich bei der Musikbegleitung mit der Gemeinde im Kontakt bin. Das Spielen macht wieder Spaß. Die Kirchenbesucher sagen: Die Orgel klingt wieder gut.“ Nun ist die Nutzung der Diakonissenkirche wieder uneingeschränkt möglich: Der Einsatz von CapaCoustic Melapor hat sich gelohnt.

Verwendete Produkte: CapaCoustic Melapor Panel (Sonderanfertigung), CapaCoustic Melapor Kleber

Drei Fragen an Verena Brettschneider, beratende Ingenieurin für Raumakustik und Mitarbeiterin des Dr.-Robert-Murjahn-Institutes

Verena Brettschneider, beratende Ingenieurin für Raumakustik und Mitarbeiterin des Dr.-Robert-Murjahn-Instituts
Verena Brettschneider, beratende Ingenieurin für Raumakustik und Mitarbeiterin des Dr.-Robert-Murjahn-Institutes

Verena Brettschneider, beratende Ingenieurin für Raumakustik und Mitarbeiterin des Dr.-Robert-Murjahn-Institutes, hat berechnet, wie sich das Klangbild in der Diakonissenkirche Frankfurt durch nachträglich angebrachte Akustikmaßnahmen verbessert:

Frage: Welche Anforderungen hatte der Kunde?

Brettschneider: Obwohl sich die Nachhallzeit nach dem Umbau im Mittel nur geringfügig um 0,6 Sekunden verlängert hatte, war dies beim Spielen der Orgel und den Gottesdienstbeiträgen dennoch deutlich wahrnehmbar. Bei einem Termin vor Ort stimmten wir gemeinsam mit den Nutzern die Anforderungen an die  Raumakustik und die Gestaltungsmöglichkeiten ab. Ein Hauptanliegen war es, die Nachhallzeit mindestens auf das ursprüngliche Niveau oder auch etwas weiter zu senken, um sowohl für die Orgel als auch für Sprache eine optimale akustische Umgebung zu schaffen. Dabei ist zu beachten, dass eine Orgel auch Halligkeit braucht, der Kirchenraum darf nicht zu „trocken“ klingen.

Frage: Worin lag die Herausforderung und wie sind Sie an die Lösung herangegangen?

Brettschneider: Die Herausforderung lag vor allem darin, die zum Teil gegensätzlichen Anforderungen unter einen Hut zu bringen. Es war sowohl ein passendes Akustiksystem zu wählen, um den mittleren und tiefen Frequenzbereich abzudecken, als auch die richtige Positionierung im Raum zu berücksichtigen. Eine große Hilfe dabei war, dass bereits eine von der Diakonissenkirche beauftragte Vorher-Nachher-Messung der Nachhallzeit vorlag. Zudem sollte für die Maßnahme eine Lösung gewählt werden, welche in das Gesamtbild der bereits sanierten Kirche unauffällig und ohne nennenswerten Nutzungsausfall integriert werden kann.

Frage: Welchen Möglichkeiten haben Sie dem Auftraggeber angeboten? Gab es Alternativen?

Brettschneider: Unter Berücksichtigung der bestehenden Anforderungen wurden  verschiedene Lösungsvarianten ausgearbeitet. Eine Variante war hierbei das System CapaCoustic Structure als fugenlose Wandfläche aufgebaut. Zwei weitere Varianten bestanden aus 100 mm CapaCoustic Melapor Panel mit unterschiedlicher Flächenbelegung und mit einer Montage in den umlaufenden Deckenkanten. Die Platzierung der Elemente als umlaufender Deckenfries in die abgesetzten Kanten des Deckenversatzes stellte sich aus gestalterischen und auch aus akustischen Gesichtspunkten als optimale Lösung heraus. Und hierbei konnte auch die Nachhallzeit soweit reduziert werden, dass die Anforderungen und Wünsche der Nutzer optimal erfüllt wurden.

Bild oben: Im weißen Innenraum der schmucklosen Diakonissenkirche kommen die bunten Glasfenster jetzt besser zur Geltung. Sie waren restauriert und mit Lüftungsklappen versehen worden. Bild: Caparol Farben Lacke Bautenschutz/Claus Graubner

Fotos: Caparol Farben Lacke Bautenschutz/Claus Graubner

Weitere Informationen: https://www.caparol.de/produkte/akustik.html

Erfahren Sie hier mehr darüber, wie sich die Luft- und Trittschalldämmung optimieren lässt.

Lesen Sie auch: „Seine Musicale: Zusammenspiel von Architektur und Akustik“.


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