12.04.2023 – Kategorie: Bauprojekte

Ökologisch bauen: So gelingt die nachhaltige Holzrahmenbauweise

Ökologisch bauenQuelle: Bohl Architekten, Wolfhagen

Im nordhessischen Wolfhagen haben die Architekten Nina und Michael Bohl ein Haus entworfen, das sie selbst bewohnen. Durch den ressourcenschonenden Einsatz natürlicher und heimischer Baustoffe ist ein nachhaltiges Eigenheim entstanden, das für jeden Hausbauer interessant sein dürfte. Das schwarze Haus, wie es weitläufig genannt wird, steht auf einem 650 qm großen Grundstück in einem Neubaugebiet.

Ökologisch bauen in der Praxis: Das Einfamilienhaus des Architektenpaars Bohl ist etwa 16 Meter lang und sechs Meter breit. Als komplett in Holzrahmenbauweise geplantes und vorgefertigtes Haus ist es mit den Wohnräumen gen Südosten ausgerichtet. Alle Wandelemente sowie die Innen- und Außenwände wurden nach detaillierter Planung von einem Zimmerer in den Wintermonaten vorgefertigt. Die größten Wandfertigteile besaßen hierbei eine Höhe über die vollen beiden Geschosse. Das Haus wurde auf eine Stahlbetonbodenlatte mit umlaufender Stahlbetonaufkantung gestellt.

Holzrahmenbau als Grundlage

Der gesamte Holzrahmenbau besteht aus einer 160 Millimeter starken Holzkonstruktion, ausgedämmt mit ressourcenschonender Einblas-Zellulosedämmung. Die Wandkonstruktion ist mit einer 60 Millimeter starken Holzweichfaserplatte aufgedoppelt und erreicht somit einen sehr guten Wert zur Erfüllung der EnEV.

Die Geschossdecke ist aus 200 Millimeter starken vorgefertigten, massiven Fichte-Brettschichtholzelementen gefertigt, fünfeinhalb Meter freispannend. Die Brettschichtholzdecke wurde unterseitig weiß geölt, abgehängte Decken waren nicht vorgesehen.

Alle Wände sind mit 20 Millimeter starken OSB-Platten ausgesteift. Es folgt eine Installationsebene von 40 Millimetern für Wasser-, Heizungs- und Elektroleitungen, die nach Abschluss der Arbeiten ebenfalls mineralisch ausgedämmt wurde. Auf die Holzweichfaserplatte wurden außen eine 40 Millimeter starke Konter- und eine ebensolche Traglattung montiert, auf der wiederum eine diffusionsoffene, schwarze Fassadenbahn befestigt ist.

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Geschossdecke aus Fichte-Brettschichtholzelementen während der Bauphase. Bild: Bohl Architekten, Wolfhagen

Das Fassadenmaterial besteht aus sägerauer, heimischer Lärche in drei verschiedenen Brettbreiten von sieben, zehn und 13 Zentimetern durchgehender Längen. Auch die Fensterlaibungen sind aus dem gleichen Holz. Die gesamte Fassade wurde mit einer tief-dunkelgrauen mineralisch-salkatischen Farbe beschichtet, was Bretter und Maserung besonders gut sichtbar macht.

Die Dachkonstruktion entspricht der Wandkonstruktion: 160 Millimeter starke Sparren, ausgedämmt mit Zellulose, aufgedoppelt mit 60-Millimeter-Holzweichfaserplatten. Der 16 Meter lange Dachfirst ist an zwei Stellen mit Stützen versehen, die in den Innenwänden des Obergeschosses eingebaut sind. Zur Dacheindeckung haben die Architekten einen schwarzen Betonflachziegel gewählt.

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Ansicht Hauskonstruktion inklusive statischer Holzüberzüge. Bild: Bohl Architekten, Wolfhagen

Ökologisch bauen: Auch im Inneren

Im Erdgeschoss existiert lediglich eine tragende Längswand entlang der Eingangsdiele. Die Wände im Obergeschoss sind ausnahmslos nicht tragend. Hierdurch entsteht eine maximale Flexibilität für einen späteren Umbau- oder eine Umnutzung. Durch einen Rückbau ergäben sich demzufolge auch keine Kosten für die Sondermüllentsorgung.

Im Erdgeschoss wurde der Anschluss der Wände an die Brettschichtholzdecke umlaufend mit einer Schattenfuge versehen, um spätere Rissbildungen an den Verbindungsstellen zu vermeiden. Alle Innenwände sind mit GK-Platten beplankt, gespachtelt und geschliffen und alle Wandflächen mit einer mineralischen Sol-Silikatfarbe in Weiß gestrichen.

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Große Eingangsdiele mit Garderobennische. Bild: Bohl Architekten, Wolfhagen

Der Fußboden im Erdgeschoss erhielt eine drei-Millimeter-Zementspachtelung und wurde farblos versiegelt. Im Obergeschoss sind Holzdielen aus heimischer Lärche verlegt, die wie die BSH-Decke im Erdgeschoss leicht weiß geölt wurden. Unter den Lärchendielen im Obergeschoss befindet sich ein Trittschall-Dämmsystem, bestehend aus 40 Millimeter starken Dämmplatten aus Holzweichfasern und Holzlatten im Nut- und Feder-System. An den Wänden der Bäder im Erd- und Obergeschoss sowie für den Boden im Erdgeschoss war eine großformatige Feinsteinzeugfliese vorgesehen. Das Bad im Obergeschoss erhielt ebenfalls den Dielenboden aus Lärchenholz. Alle Türen sind stumpf einschlagende Tapetentüren.

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Offener Wohn-, Ess- und Kochbereich. Bild: Bohl Architekten, Wolfhagen

Der Entwurf

Durch die Eingangsnische im Osten gelangt man direkt in eine offene Wohndiele mit direktem Zugang ins Erdgeschoss und durch eine Stahl-Holztreppe ins Obergeschoss. Das Erdgeschoss ist weitgehend offen gestaltet. Daran angeordnet befinden sich Nebenräume.

Im westlichen Bereich des Erdgeschosses öffnet sich das Haus zu einem lichtdurchfluteten Wohn-Ess-Kochbereich. Die Raumhöhe beträgt hier zweieinhalb Meter. Im Obergeschoss befinden sich die Schlafräume für Kinder und Eltern sowie eine offene Arbeitsdiele und ein Wannenbad.

Das gesamte Haus hat einen außenliegenden Sonnenschutz. Die Abstellmöglichkeiten sind auf ein Minimum an Flächenbedarf reduziert – ein Untergeschoss existiert nicht. Ohne Dachüberstand und durch klare, reduzierte Details entsteht ein skulpturaler Charakter, den die dunkle Fassade noch unterstreicht.

Auch die Außenanlagen ökologisch bauen

Die Flächen im Außenraum sind offen gestaltet, um unnötige Versiegelung zu vermeiden. Die freien Stellplätze bestehen aus Blumen-Schotter-Rasen, die angrenzenden Terrassen aus unbehandeltem heimischem Lärchenholz. Die Wegeführung ist durch lose, in heimischem Kies, verlegte Betonplatten gewährleistet. Auf eine Garage haben die Bohls verzichtet. Stattdessen gibt es zwei vom Garten abgetrennte, frei-stehende PKW-Stellplätze mit Elektroladestelle.

Beheizt wird das Gebäude über eine Brennstoffzelle, die auch den Strom für das Einfamilienhaus produzieren kann. Während im Erdgeschoss eine Fußbodenheizung unter dem Spachtelboden für Wärme sorgt, wird das Obergeschoss über Heizkörper beheizt. Eine PV-Anlage mit Batteriespeicher lässt sich später leicht nachmontieren, die nötigen baulichen Vorkehrungen dazu sind bereits getroffen. Fazit: Mit etwa 250.000 Euro brutto (Kostengruppe 300 bis 400) entstand ein viel beachtetes ressourcenschonendes Haus aus heimischen Materialien, das detailliert geplant und vorgefertigt zum
Nachbauen einlädt.

Von Roland Bauer.

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