08.01.2020 – Kategorie:
Modulares Bauen: Planungsmethoden für anspruchsvolle Architektur
Modulares Bauen verspricht Schnelligkeit und Effizienz. Gleichzeitig drängen sich Bilder von Plattenbauten der 70er Jahre auf. Doch es geht auch anders.
Was in der Automobilindustrie schon längst ein Erfolgsrezept ist, sehen in der Baubranche nicht wenige als Totenglocke für die Architektur: Modulares Bauen verspricht zwar Schnelligkeit, Einsparungen und Effizienz. Gleichzeitig drängen sich Bilder von Plattenbauten und Trabantenstädten der 70er Jahre auf. Es geht auch anders.
Das zeigt die Karlsruher digitales bauen GmbH, seit 1. Januar 2020 eine Tochter des Planungs- und Beratungsunternehmens Drees & Sommer SE mit Hauptsitz in Stuttgart. Die Badener haben über die vergangenen 20 Jahre systematisch eine Methode entwickelt, mit der sich auch äußerst anspruchsvolle Architekturentwürfe in Module übersetzen lassen.
Modulares Bauen ist nicht neu: Bereits seit vielen Jahren setzt man Gebäude nach dem Baukasten-Prinzip zusammen — allerdings zumeist mit Abstrichen bei der Ästhetik und Funktionalität. Schuhschachtel-Architektur war die Folge. Daher war das modulare Bauen bisher auf wenige Gebäudetypen wie Industriehallen, einfache Bürogebäude oder Wohnungsbauten mit geringer Komplexität und Standardgrößen beschränkt.
Einzelstücke in Serie
Bei dem Wort „Modulbau“ denken die meisten an klobige und öde Massenware, an eine Art Lego für Erwachsene aus Beton und Stahl. Mit der Realität hat das wenig zu tun. Das Gegenteil beweisen aufsehenerregende Bauwerke wie die Wissens- und Erlebniswelt experimenta in Heilbronn oder das innovative Stadtquartier FOUR in Frankfurt. Die Architektur dieser Gebäude ist einzigartig — und modular.
„Gute Modulbauten sollten immer den individuellen Gestaltungsanspruch des Architekten und den Bedarf des Bauherrn erfüllen“, erklärt Dr. Volkmar Hovestadt, Geschäftsführer von digitales bauen – Part of Drees & Sommer.
„Dafür haben wir eine digitale Planungsmethodik entwickelt, die jeden individuellen Architekturentwurf und alle technischen Gebäudekonzepte in Module übersetzen kann. Die Module werden in Katalogen zusammengefasst und hier systematisch integral bearbeitet. Ziel ist, dass gleiche Flächen und Konstruktionen – wie etwa Büroräume oder Sanitärbereiche – nur einmal geplant werden. Die Module sind Planungs-, Logistik- und Montagestandards in einem. Sie können im Idealfall komplett industriell vorgefertigt und rationell auf der Baustelle montiert werden.“
Modulares Bauen: Minimal statt monoton
Oftmals lässt sich durch kleine geometrische Korrekturen die Vielfalt der Konstruktionen deutlich reduzieren, ohne dabei die Funktionalität oder die architektonische Wirkung zu beeinträchtigen. Bei der experimenta haben die Experten beispielsweise die Fassadenkonstruktion so optimiert, das aus anfangs über 200 unterschiedlichen Fassadenelementen am Ende noch 50 übrig geblieben sind.
Das Besondere an dieser Vorgehensweise: Ideen und anspruchsvolle Einzelstücke fallen keinen Standardlösungen aus dem Modulbaukasten zum Opfer. Die Planer bekommen mit ihrer Methode vielmehr auch komplexe Gebäude mit schwierigen Geometrien systematisch in den Griff. Hier liegt auch der Unterschied zu Bauunternehmen, die bereits vordefinierte Systembaukästen anbieten. Während diese hinsichtlich Auswahlmöglichkeiten und Funktionalität begrenzt sind, zielt die Methode von digitales bauen darauf ab, Gebäudeteile samt technischer Installationen aus dem individuellen Entwurf heraus als Module zu erfassen, wie Produkte zu entwickeln und so weit wie möglich vorzufertigen. Auf der Baustelle werden die modularen Pakete dann taktgenau angeliefert und in standardisierten Prozessen montiert. Dadurch lässt sich die Bauzeit signifikant verkürzen – bei gleichbleibender räumlicher, gestalterischer und gebäudetechnischer Qualität.
Gebäude vom Fließband
Um diese Vorteile in die Breite der Bau- und Immobilienwirtschaft zu tragen, beteiligt sich Drees & Sommer nach zehn Jahren der engen Zusammenarbeit seit dem 1. Januar 2020 mit 74,9 Prozent an digitales bauen. Unternehmensgründer Dr. Volkmar Hovestadt hält 25,1 Prozent der Anteile und teilt sich die Geschäftsführung mit Veit Thurm, Partner der Drees & Sommer SE. Die gemeinsame Vision: die Baubranche Schritt für Schritt mit einem systematischen, modularen Ansatz zu durchdringen und eine digitale Prozesskette zu etablieren.
„Das Bauen der Zukunft fußt auf digitalen Methoden. Ähnlich wie in der produzierenden Industrie lassen sich mit ihrer Hilfe auch in der Bauwirtschaft wiederkehrende Abläufe viel einfacher standardisieren und Teileinheiten eines Gebäudes vorfertigen. Das Ziel, individuelle und unverkennbare Gebäude zu schaffen, vereinen wir so mit der Logik der Wirtschaftlichkeit“, erklärt Steffen Szeidl, Vorstand bei Drees & Sommer.
Bild oben: Ein Beispiel für modulares Bauen: Habitat 67 ist ein Wohnkomplex in Montreal mit 354 gleichförmigen, vorgefertigten Betonformen, die in unterschiedlichen Kombinationen angeordnet worden sind. Bild: Inspired By Maps/shutterstock.com
Weitere Informationen unter www.dreso.com.
Erfahren Sie hier mehr über serielle und modulare Bauweisen im Fassadenbau.
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