09.05.2022 – Kategorie: Projekt- und Kostenmanagement
Modulares Bauen: Mit digitalen Planungsmethoden schnell ans Ziel
Julia Behm und Markus Maasberg gründeten ihr Büro im August 2020, mitten in der Corona-Krise.
Doch hat sie die besondere Situation keineswegs daran gehindert, zielgerichtet ihren Weg zu finden. Und erste wichtige Erfolge geben ihnen recht. Ihre durchgängig digitale Herangehensweise an eines ihrer ersten Projekte (modulares Bauen) stellen sie im Interview vor.
Modulares Bauen goes digital
Frau Behm, Herr Maasberg, was war die Initialzündung zur Gründung Ihres eigenen Büros im ersten Corona-Jahr und damit mitten in der unsicheren Pandemiezeit zwischen dem ersten und zweiten Lockdown?
Markus Maasberg: Wir haben zuvor in einem sehr guten und großen Architekturbüro gearbeitet. In großen Büros sind die Entscheidungswege lang und viele Personen einzubinden. Wir können nun mit unserem kleinen Team optimal unsere Themen fokussieren – schlank und effizient. Diese Bürogründung bedeutet für uns, digital zu starten, mit auf uns zugeschnittenen Strukturen.
Julia Behm: Wir sind unser eigenes Reallabor und können die Dinge anpacken, einfach machen und uns weiterentwickeln. So kommen wir voran und zügig zum Ergebnis. Das funktioniert sehr gut im Zusammenspiel mit Fachpartnern, die diesen praktischen Ansatz unterstützen. Das führt zu enger Kommunikation und großer Transparenz. Das Ergebnis ist eine neue Qualität in der Zusammenarbeit.
Welche Tools nutzen Sie, um die Prozessabläufe intern und extern möglichst optimal zu gestalten und welche Herausforderungen erwarten Sie dabei im Alltag?
Maasberg: Das hängt stark von der jeweiligen Aufgabe ab. Wrike, unser Projektmanagement-Werkzeug nutzen wir für die Erstellung und Verwaltung unserer „ToDo“- Listen. Mehrere Leute können darin parallel in einer Datei arbeiten und auch Zeitpläne für die Projekte erarbeiten. Es funktioniert vergleichbar einem Kaban-Tool und ist eine gute Lösung mit direkter Teams-Integration. Hinzu kommt unser digitales Online-Whiteboard Miro, an dem wir ebenfalls parallel arbeiten können. Hier schreiben wir unsere Gedanken unabhängig voneinander zusammen und können im Nachgang einen passenden Prozess für ein Projekt darauf einstellen. Für unsere Team-Besprechungen nutzen wir Microsoft Teams.
Es gibt dadurch de facto keine internen E-Mails mehr, sondern stattdessen vielfältige Chats, in die projektbezogene Dokumente und Hinweise eingebettet sind. Detaillierte Terminplanungen erstellen wir mit Merlin Project. Für die konkrete Entwurfs- und Ausführungsplanung ist Archicad unser zentrales Werkzeug mit seiner „BIMcloud as a Service“-Anbindung. BIMcollab Zoom kommt als „Short View“-Instrument für das schnelle Anschauen von Modelldateien zum Einsatz; BIMcollab ist unsere zentrale und onlinebasierte Kommunikations- und Austauschplattform. Darüber hinaus arbeiten wir mit verschiedenen Model-Checkern. Zentrale Austauschformate in der Kommunikation mit den Fachplanern sind IFC und BCF.
BIM nimmt Fahrt auf
Bemerken Sie ein Umdenken bei Auftraggebern und Behörden, was den BIM-Einsatz und modulares Bauen betrifft?
Behm: Durchaus. Es gibt mehr Rückfragen zum Thema als noch vor wenigen Jahren. Das bestätigen auch die Architekturbüros in unserem Umfeld. Im Moment entscheiden sich viele Bauherren noch dagegen. Das wird sich aber ändern in der nächsten Zeit. Auftraggeber müssen jetzt vor allem BIM-Manager verankern, die sich mit der digitalen Planung auskennen. Dann nimmt das Thema BIM weiter Fahrt auf.
Maasberg: Wir sehen in unserem Arbeitsalltag, dass bei den Behörden noch die Bremse eingelegt ist. Zwar wird dort – ohne Zweifel – die Digitalisierung im Bauwesen thematisiert. Aber wichtig wären fähige, erfahrene BIM-Experten, um hier schneller voranzukommen.
Sie arbeiten mit dem Unternehmen Timber Homes im Bereich Vorfertigung/Modulares Bauen zusammen. Wie kam es dazu?
Behm: Wir hatten bereits früher Kontakt miteinander und zusammengearbeitet. Timber Homes erkannte, dass es mit seiner manuellen Fertigungstechnik die Menge an gewünschten Wohn-Modulen nicht erreichen kann. Bis dahin wurden für jedes Projekt mindestens eins, oft sogar zwei Modul-Modelle im Maßstab 1:1 gebaut. Das bedeutete viel Zeit und Geld und war unwirtschaftlich. Unsere Aufgabe war es nun, mit kurzer Entwicklungszeit buchstäblich etwas Neues auf die Straße und die Baustellen zu bringen. Unsere sehr detaillierten BIM-Modelle helfen, die Planung von vornherein sauber aufzusetzen und so direkt ab dem Modul 1 in den Verkauf zu gehen. Die hohe Detaillierung, hinunter bis zu jeder einzelnen Schraube, die verbaut wird, verbessert ebenso die Warenbestandshaltung. Dadurch lassen sich notwendiger Materialverbrauch und vorhandener Materialbestand exakt abgleichen. Das ist wichtig, denn im schlimmsten Fall steht sonst die Produktion, wenn ein wichtiges Teil fehlt.
Maasberg: Der BIM-Einsatz ist später im Gebäudebetrieb ebenso nützlich wie wichtig. Es lässt sich exakt sagen, welche Einbauten und Werkstoffe, Schrauben und Verbinder in jedem Modul verbaut sind und welche Spezifikationen diese haben.
Ein wichtiges Werkzeug ist die Planungssoftware, denn sie steht an der Schnittstelle zwischen Ihnen, den Fachplanern und dem Auftraggeber. Wie sieht deren Einsatz aus?
Maasberg: Wir nutzen sinnbildlich die Eisbergmethode. Übertragen auf unsere Planung in Archicad heißt das: Die Grundelemente unseres Moduls werden in den Minusgeschossen modelliert – den nicht sichtbaren Ebenen. Alle Etagen ab Ebene 0 werden dann lediglich „gehotlinked“. Das ermöglicht uns, schnell und sehr unkompliziert gleiche Attribute zu vergeben. Bei der Addition von identischen Modulen ist das ein großer Vorteil. Würde ich die Hotlinks in separaten Dateien setzen, müsste ich anschließend alle Attribute in alle Dateien überführen. Das schafft Fehlerpotenzial und ist nicht effektiv. Die exakte Geometrieabbildung durch identische Hotlinks ist ein wichtiger Punkt, doch geht es nicht allein darum. Hinter den Modellen stehen Datenbanken. Wenn ich von der Planung in das Warenwirtschaftssystem wechsle, kann ich die Datenmodelle mithilfe der Eisbergmethode sauber andocken.
Behm: Für jeden Modultyp gibt es jeweils eine Datei, auf die wir hotlinken. In ihr sind die verschiedenen Attribute und Bauteile hinterlegt. Wir haben darin jede Schraube, jede Verbinderplatte gezeichnet, parametrisiert und attribuiert – unter anderem mit Artikelnummer, Lieferant, Dimensionen, Mengennummer etc. Für das Warenwirtschaftssystem ist das wie gesagt enorm wichtig. Dennoch ist das Modell der Mittelpunkt der Planung und der anschließenden Produktion.
Wie sieht es mit Anpassungen oder konstruktiven Änderungen aus? Wie führen Sie diese in Ihrer Modellplanung nach?
Maasberg: Entwickle ich ein Modell weiter in Archicad, kommen neue Attribute oder andere Bauelemente hinzu. Das ist vor allem in der Produktion wichtig für die Warenwirtschaft und im Gebäudebetrieb für das Facility Management. Im Planungsmodell wird bereits definiert, was als Produkt eingebaut ist. Eine exakte Attribuierung ist die Basis unseres Informationsmanagements bei der Modulplanung. Da steckt viel Alphanumerik dahinter. Wir nutzen hier komplett aus, was uns unsere Planungssoftware Archicad an Möglichkeiten bietet.
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