12.12.2022 – Kategorie: Projekt- und Kostenmanagement

Integrale BIM-Planung für eine Kommunikation auf Augenhöhe

Integrale BIM-PlanungQuelle: Allplan GmbH

Mit dem Neubau des Stuttgart Cancer Center – Tumorzentrum Eva Mayr-Stihl (SCC) – entsteht aktuell am Stuttgarter Hegelplatz ein wichtiger Meilenstein bei der Neustrukturierung des städtischen Klinikums. Schmidt Plöcker Architekten aus Frankfurt sind mit der Ausführungsplanung und der ­Gesamtkoordination beauftragt. Bei ihrer Planung und Koordinierung setzen sie auf die BIM-Funktionen ihrer Planungssoftware Allplan und die Zusammenarbeit in Bimplus.

Dass sich BIM im Bauprozess bereits etabliert hat, beweisen immer mehr Projekte, die mit dieser digitalen Planungsmethode realisiert werden. Ab welcher Projektgröße sich der Einsatz lohnt, ist hier nicht die Frage. Modellbasiertes Planen kann sich selbst für ein Einfamilienhaus lohnen, zum Beispiel dann, wenn mit hohem Vorfertigungsgrad gebaut werden soll. Dennoch gibt es verschiedene Bauaufgaben, bei denen BIM kaum mehr wegzudenken ist. So profitieren hochtechnisierte Gebäude wie Krankenhäuser oder Spezialkliniken immens vom digitalen Modell durch integrale BIM-Planung: Komplexe Fachplanungen lassen sich umfassend einbinden, abgestimmt koordinieren und Planungsfehler minimieren. Das entwerfende Architekturbüro wird damit wieder zum wesentlichen Projektsteuerer in der Planung wie im Bauprozess.

Integrale BIM-Planung für hohe Anforderungen

Für Schmidt Plöcker ist das Projekt keineswegs das erste BIM-Projekt aber dennoch ein außergewöhnliches. Die neue Strahlenklinik stellt hohe Anforderungen an die Architekten, die Fachplanungsbüros und das Stuttgarter Generalunternehmen Gustav Epple. So ist die logistische Situation vor Ort herausfordernd, denn parallel zum entstehenden Neubau gibt es auf dem Gelände weitere Klinikbauten, die mit Behandlungen und Operationen während der gesamten Bauphase fortfahren. Baulärm, Staub und Behinderungen durch Baufahrzeuge sind daher möglichst gering zu halten. Hinzu kommt die aufwändige Technikplanung im Vorfeld: Neben einer Tagesklinik, Patienten- und Behandlungszimmern, den notwendigen Büros und Lagerräumen, werden im Gebäude G bis 2024 zahlreiche Speziallabore sowie besonders geschützte Strahlenräume entstehen.

Neumodellierung

Für die Entwurfsplanung bis zur Baugenehmigung des neuen Tumorzentrums in Stuttgart waren sweco architects beauftragt. Mit dem Wechsel in die Leistungsphase fünf wurde dann Schmidt Plöcker direkt vom Generalunternehmen Gustav Epple ins Boot geholt. Sie modellierten auf der Grundlage der genehmigten Pläne das komplette Gebäude neu.

Alexander Dill, Projektleiter und Partner bei Schmidt Plöcker erläutert, warum die Nachmodellierung bei den meisten Projekten notwendig ist: „Wir haben ein Modell aus der Leistungsphase drei übernommen, stellten aber fest, dass die Attribuierung fehlte. Um Sicherheit zu haben und die notwendige Qualität zu gewährleisten, modellierten wir nach eigenen Projektvorgaben und Modellierungsrichtlinien in unserer BIM-Software nach. Mit dem in Allplan erstellten Modell konnten wir anschließend effizient mit den verschiedenen Fachdisziplinen zusammenarbeiten. Für das TGA-Fachplanungsbüro beispielsweise ist es enorm wichtig, ein attribuiertes Gesamtmodell zu erhalten. So kann sie ihre Fachplanung durchgehend und für das ganze Gebäude umsetzen.“

Integrale BIM-Planung
Erstellung des Projekts mit Allplan. Bild: Allplan GmbH

Open-BIM-Methode

Die eingebundenen Projektpartner trafen sich mit dem Start der Ausführungsplanung zu mehreren BIM-Workshops. Hier wurde abgefragt, welche der Fachplanungsbüros modellbasiert arbeiten und in die Koordination eingebunden werden können, welche Austauschstandards gelten und welche Modellinhalte transportiert werden sollen.

Gemeinsam mit Gustav Epple entwickelte Schmidt Plöcker einen BIM-Abwicklungsplan (BAP). Das Klinikum ist ein Open-BIM-Projekt. Das heißt, zentrales modellbasiertes Austauschformat ist IFC. Für die Koordinierung und den Austausch von Aufgaben, etwa wenn ein Deckendurchbruch oder eine Rohrführung nicht passt, kam das Kommunikationsformat BCF zum Einsatz: Problempunkte lassen sich anhand so genannter „Model View Points“ eindeutig im Modell verorten, anschauen, kommentieren und anschließend in der Fachplanung korrigieren. Der Austausch via IFC mit den Fachplanungen erfolgte bei der Strahlenklinik über Dalux, Kollaborations-Tool war Bimplus.

Die cloudbasierte Plattform nutzten die eingebundenen Fachplanungsbüros für die Gebäudetechnik sowie das Tragwerksplanungsbüro. Stefanie Grolik, bei Schmidt Plöcker verantwortlich für die BIM-Koordination und das Qualitätsmanagement: „Weitere Fachplanungen wie Strahlenschutz oder die Bauphysik konnten wir ins Modell überführen, indem wir die Daten selbst eingepflegt haben. Als zentrales und cloudbasiertes Kollaborationstool haben wir Bimplus gewählt. Wir konnten für unser Architekturmodell mit anderen Plattformen, beispielsweise zur Bearbeitung von Raumbüchern verwenden. Diese Schnittstelle ermöglichte es, die Eingabe der notwendigen Eigenschaften bidirektional zu verwalten.“

Integrale BIM-Planung: Flexible Prozesse

Die Abläufe sind wie bei jedem konventionellen, ohne BIM geplanten Projekt niemals statisch und identisch. Sie entwickelten sich aus den Ergebnissen der verschiedenen BIM-Workshops.

Beim Klinikneubau gab es jedoch konkrete Vorgaben. So lag dem Architekturbüro eine umfangreiche Attributeliste vor, die in die Modellierung einzubinden war. Gemeinsam mit dem Generalunternehmer wurde abgeklärt, welche Attribute in die BIM-Modellierung mit Allplan einfließen sollten.

Für die Koordinierung der Fachplanungen und den Abgleich im Koordinationsmodell sowie das interne Qualitätsmanagement kam Solibri zum Einsatz. Zudem wurden verschiedene Tools für die Übersetzung des BIM-Modells in die Virtual Reality und ein nativer IFC-Viewer zur Überprüfung von IFC-Files genutzt.

Koordinationsmodell

Auch wenn die Prüfsoftware Solibri ein wichtiges Werkzeug in der Planung von Schmidt Plöcker ist, musste doch jeder Projektarchitekt das Modell verstehen und damit arbeiten können. Das Koordinationsmodell für die integrale Planung war hierfür das grundlegende Fundament und die Basis eine sehr hohe Modellierungsqualität durch das Projektteam der Strahlenklinik.

„Wir konnten unser Koordinationsmodell problemlos aus Allplan ableiten und haben es auch stetig weiterentwickelt, um es dann transparent an die Kollegen weiterzugeben. Vor allem der Abgleich zwischen dem Tragwerksmodell und dem Architekturmodell war uns dabei sehr wichtig“, sagt Öner Tiryaki, BIM-Gesamt-koordinator für das Strahlenklinikum in Stuttgart.

Von Janet Kästner.

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