07.04.2022 – Kategorie: Bauprojekte
Gebäudemanagementsystem: So ermöglicht es eine zu 100 % flexible Raumaufteilung
Im Oktober 2020 wurde der Axel-Springer-Neubau in Berlin zeremoniell eröffnet. Mit Lösungen von Sauter für die Gebäudeautomation und das Gebäudemanagement lassen sich Räume neu konfigurieren und Umnutzungen realisieren.
Die Immobilie auf dem 10.000 m² großen Lindenpark-Gelände inmitten des früheren Zeitungsviertels erweitert den Berliner Standort des Medien- und Technologieunternehmens und symbolisiert die Transformation von Axel Springer zu einem modernen Digitalunternehmen, das die Arbeitswelt von morgen mitgestaltet. Das Innere des Gebäudes, das vom renommierten niederländischen Architekten Rem Koolhaas (OMA) entworfen wurde, birgt daher neben Fernsehstudios nicht nur traditionelle Büroräumlichkeiten. Der kubusförmige Komplex wird durch ein 45 Meter hohes Atrium und miteinander verbundene Terrassen mit offenen Arbeitsbereichen geprägt, welche die Interaktion zwischen den Mitarbeitern fördern.
„Mit unserem Neubau wollen wir die Axel-Springer-Familie in Berlin räumlich zusammenbringen und zugleich die Zukunft des Arbeitens in der digitalen Welt durch Architektur gestalten. Es geht um ein symbolkräftiges Zuhause, aber vor allem um kulturelle Transformation durch radikal moderne Arbeitsräume“, äußerte sich Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender Axel Springer SE, zu dem im Oktober 2020 eröffneten Neubau.
Gebäudemanagementsystem Sauter Vision Center
Die Zielsetzung des Bauprojekts, höchste Ansprüche an ein modernes Arbeitsumfeld zu erfüllen, stellt große Anforderungen an die Gebäudeautomation, die das Unternehmen Sauter zwischen Sommer 2018 und Frühjahr 2020 nach einem Lean-Construction-Konzept umsetzte. So war es notwendig, für die effiziente und wirtschaftliche Steuerung, Regelung und Überwachung der technischen Gebäudeausrüstung insgesamt 800 Systemverteiler, mehr als 850 BACnet-Teilnehmer, 2.600 DALI-Helligkeitssensoren, 5.500 DALI-Leuchten, 80 Touchpanels und 55 Informationsschwerpunkte zu verbauen. Hinzu kommen das Gebäudemanagementsystem Sauter Vision Center (SVC), das gestützt durch den Zugriff auf 100.000 Datenpunkte eine gewerkeübergreifende Visualisierung, Überwachung, Bedienung und Protokollierung der haustechnischen Prozesse sicherstellt. Ein effizientes Energiemanagementsystem sorgt für einen ressourcenschonenden Betrieb und hilft, Wartungsintervalle zu optimieren. Es verfügt auf Wunsch von Axel Springer über eine automatische SAP-Exportfunktion, um die Energiekostenabrechnung der Gebäudemieter unkompliziert zu erstellen.
„Aufgrund des enormen Projektumfangs und der kurzen zeitlichen Taktung haben wir uns unter anderem für den Entwurf eines projektspezifischen Systemverteilers mit vorkonfektionierter, also steckerfertiger Verkabelung entschieden“, erklärt Stefan Rohr, Mitarbeiter Vertrieb Systems bei Sauter.
Dank Gebäudemanagementsystem: Variable Raumkonfiguration
Das Gebäude wurde von Anfang an so geplant, dass sich im Fall von Umnutzungen oder Umbauten neue Anforderungen im Bereich der Gebäudeautomation mit nur minimalem Aufwand umsetzen lassen. Eine spezielle Moving-Wall-Funktion in der Software SVC ist dafür entscheidend: „Die kleinsten Raumsegmente im Axel-Springer-Neubau sind 2,7 Meter breit, unterschiedlich lang und spiegeln eine Achse entlang eines Fensters wider“, erklärt Rohr. Diese Achsflexibilität wird in der Management-Bedienebene durch ein von Sauter erstelltes Gruppenprogramm realisiert, das sämtliche Aufgaben aller Raumsegmente abbildet. Jedem Raumsegment ist darin ein Master-Segment zugeordnet, die anderen Segmente arbeiten als sogenannte Slaves. „Jedes der Slave-Segmente regelt sich zwar autark, trotzdem werden auch einzelne Parameter vom Master auf die Slaves übertragen“, so Rohr. Mit dem Gruppenprogramm lassen sich insbesondere die Großräume des Axel-Springer-Neubaus flexibler regulieren, da man ihre vielen Raumsegmente in verschiedene Regelbereiche gruppieren und damit zu imaginären Einzelräumen zusammenfassen kann.
„Selbst wenn die räumliche Aufteilung baulich verändert wird, müssen lediglich das Raumbediengerät, die Präsenz-, Helligkeits- und Temperaturfühler sowie die Komponenten der Schwachstromtechnik angepasst werden“, erklärt Rohr. Die Anpassung ist im laufenden Betrieb möglich, Klimatisierung, Beschattung und Licht sind somit direkt wieder einsatzbereit. Da weder eine Neuprogrammierung noch eine bauliche Veränderung der Hardware innerhalb der Räume notwendig ist, lässt sich viel an Zeit und Kosten sparen.
Nachhaltigkeit durch Wettervorhersageregelung
Die Gebäudeklimatisierung erfolgt über drei Hauptkomponenten: Zum einen werden Unterflurkonvektoren (UFK) und Kühldecken für die individuelle und schnelle Anpassung der Raumtemperatur eingesetzt, zum anderen kommt eine sogenannte Betonkerntemperierung (BKT) für die Grundtemperierung zum Einsatz. Dabei strömt durch Rohrleitungen in den Betondecken des Gebäudes Wasser, das nach Bedarf aufgeheizt oder gekühlt werden kann. Um die UFK und Kühldecken möglichst wenig nutzen zu müssen, ermöglicht Sauter die Regelung der BKT auf Basis der Wettervorhersage. „Da sich Temperaturänderungen bei der BKT erst acht bis zehn Stunden später auf den Raum auswirken, wird die geeignete Betontemperatur auf Grundlage der Vorhersagedaten bereits am Vorabend für den Folgetag berechnet und über Nacht konditioniert“, erklärt Rohr. Im Idealfall sind die Einstellungen so genau, dass über die UFK kaum mehr Änderungen am Raumklima vorgenommen werden müssen.
Beleuchtung der Terrassen
Eine weitere Besonderheit im Bereich der Gebäudeautomation stellt die Konstantlichtregelung, also die präsenz- und helligkeitsabhängige Regelung dimmbarer Beleuchtungseinrichtungen mittels DALI dar. „Für ein kontrastreiches, ermüdungsfreies Arbeiten ist es entscheidend, dass die Mitarbeiter besonders auf den Tischoberflächen immer dieselbe Helligkeit haben“, erläutert Rohr. Besonders im Atrium stellte dies eine Herausforderung dar. Da direkt über den Terrassen und in den Open-Space-Bereichen keine Decken vorhanden sind, in denen sich Sensoren verbauen lassen, musste man eine andere Möglichkeit für die Helligkeitsmessung finden.
Sauter installierte daher eigens Metallstelen, an denen neben den Sensoren auch Bediengeräte untergebracht wurden. Darüber hinaus musste die Beleuchtung genau abgestimmt werden: „Die Strahler befinden sich teilweise in über 35 Meter Höhe in der Streckmetalldecke des großen Atriums“, so Rohr. „Daher war es keine leichte Aufgabe, einem bestimmten Helligkeitssensor die richtigen Strahler zuzuordnen und beispielsweise mittels Lampen in der neunten Etage die richtige Helligkeit in einem bestimmten Bereich auf einer Terrasse im ersten Obergeschoss einzustellen.“
Die gesamte Gebäudeautomation im Axel-Springer-Neubau ist seit Frühjahr 2020 erfolgreich in Betrieb.
Autorin: Astrid Schlesier
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