27.07.2022 – Kategorie: Haustechnik/TGA
Digitales Aufmaß: Digitalisierung im Facility Management
Einer aktuellen Studie des Marktforschungsunternehmens Lünendonk & Hossenfelder zufolge sind zwei Hürden mitverantwortlich für die nur langsam in Fahrt kommende Digitalisierung im Facility Management: der Mangel an Kenntnis von Möglichkeiten und punktgenauen Lösungen. Exemplarisch hierfür seien Aufmaßprozesse genannt. Ein neuartiger Lösungsansatz soll nun auch KMU den Weg ebnen.
Wie in so vielen Branchen, ist auch im Facility Management zur Dokumentation von Ist-Zuständen regelmäßig ein planerisches Aufmaß erforderlich. Sei es während der Bauphase, zur Angebotserstellung oder zur Aktualisierung von Bestandsdokumentationen. Die automatische Erfassung und ein digitales Aufmaß etwa von Bodenflächen, Fenstern, Türen oder Tischen kann in der richtigen Umsetzung den Aufwand für diese wiederkehrende Mammutaufgabe erheblich reduzieren. Es gibt jedoch gute Gründe dafür, dass sich digitale Lösungen bislang nicht durchgesetzt haben.
Digitales Aufmaß sorgt für mehr Geschwindigkeit
Das Spektrum der derzeit genutzten Geräte und Lösungen variiert stark: vom einfachen Zollstock über den Handlaser bis hin zu digitalen Teillösungen mit 3D-Lasern und Lidar-Sensorik. Dementsprechend unterscheiden sich auch die Ergebnisse von einfachen Distanzmaßen bis hin zu schier unendlich großen Punktwolken. Gemein ist ihnen, dass sie keine direkt nutzbaren Ergebnisse erzeugen: Händische Maße müssen aufwändig und fehleranfällig in bestehende Modelle eingepflegt werden und Punktwolken erfordern intensive Nachbearbeitung durch Fachkräfte. Denn erst hier werden die Daten konkreten Objekten zugeordnet. So vergehen im Zuge eines Aufmaßes oft Tage bis hin zu Wochen, bevor die Daten für Planungen, Berechnungen und zur Angebotsstellung zur Verfügung stehen. So verwundert es kaum, dass Lünendonk & Hossenfelder digitalisierte Lösungen im Bereich CAFM und BIM weit oben auf der Wunschliste der befragten Facility-Manager fanden.
Intelligente 3D-Modelle erzeugen
Das Hamburger Startup Spacific hat sich der Aufgabe angenommen und eine End-to-end-Lösung entwickelt, die an diesen Pain Points ansetzt. Das planerische Aufmaß wird dabei vollständig digitalisiert und im Zuge dessen auch grundlegend vereinfacht und verkürzt. Die Software XR Scan nutzt wie andere Lösungen auch Lidar-Scanner, erzeugt aber im Ergebnis statt Punktwolken ein intelligentes 3D-Modell, das ausschließlich die Messdaten liefert, die erforderlich und gewünscht sind.
Beim Entwickeln der Lösung stand für das junge Team von Spacific der End-to-end-Gedanke im Vordergrund, für Vermessungen „auf Knopfdruck“. Verwaltet wird XR Scan von den Kunden eigenständig und unter Nutzung von Azure Cloud Services im Spacific-Solution-Portal. Hier werden die Messaufträge angelegt, die zu vermessenden Objekte definiert und den jeweiligen Mitarbeiterinnen zugewiesen. Die Messung selbst lässt sich auf verschiedenen Devices und offline durchführen, auf iPhone oder iPad der neueren Generation oder auch freihändig mit einer HoloLens. Optional kann man die Daten per API in das Portal einspielen, um doppelte Arbeitsschritte zu vermeiden, wenn etwa CRM-Systeme im Einsatz sind.
Nachdem der Mitarbeiter die App auf dem Gerät geöffnet hat, startet er die digitale Erfassung einfach beim Begehen der Räumlichkeiten oder auch Outdoor-Umgebungen. Darüber hinaus setzt er Messpunkte für die angeforderten Objekte – etwa für Oberflächen wie Tische oder Fenster oder für geplante oder bereits verlegte elektrische Leitungen, Steckdosen usw. Direkt nach Abschluss der Messung kann man die Ergebnisse zurück ins Portal spielen. Hier stehen sie dann unmittelbar als 3D-Modell inklusive der durchgeführten Messungen zur Verfügung und lassen sich an Drittsysteme in einem Outputformat der Wahl zur Auswertung direkt übergeben.
In der Praxis bedeutet das neben einer deutlichen Reduktion des zeitlichen Umfangs und dem Entfallen der Nachbearbeitung auch, dass für die Durchführung des planerischen Aufmaßes keine Fachkräfte mehr erforderlich sind – die geführten Arbeitsabläufe in der App erfordern weder Vorwissen noch umfangreiche Schulungen. Als flexible und unkompliziert zu implementierende Standardlösung steht ein digitales Aufmaß bei XR Scan nun auch Unternehmen offen, für die die hohen Entwicklungskosten von Individuallösungen wie auch eine komplexe Integration in die eigenen IT-Systeme bislang andernfalls eine große Hürde
Was die Genauigkeit betrifft, ist die Lösung für die Vermessung von Räumen und Objekten geeignet und entspricht auch den Anforderungen der industriellen Produktion. Andere Lösungsansätze schaffen es teilweise zwar in den Makrometerbereich, gehen dafür aber mit den oben beschriebenen Einschränkungen einher und wirken damit für diesen Fall overengineered.
Vom Angebot bis zur Bestandsdokumentation
Ein Praxisbeispiel: Ein Treppenlifthersteller hat Kontakt zu einem neuen potenziellen Kunden aufgenommen. Direkt beim ersten Besuch kann der Verkäufer nun in wenigen Minuten die Treppe vermessen und ein intelligentes 3D-Modell erzeugen, was sich nach der Datensynchronisation direkt zur Planung des für den Lift erforderlichen Rails nutzen lässt. So erhält der Kunde deutlich schneller ein konkretes, auf seine Bedürfnisse zugeschnittenes Angebot.
Im Bereich des Facility-Managements lässt sich XR Scan sowohl zum Erstellen eines Angebots als auch zur Aktualisierung von Bestandsdokumentationen einsetzen. Etwa bei der Verwaltung von Bürokomplexen mit sich oftmals wandelnder Raumstruktur.
Auch viele weitere Branchen dürfen mit XR Scan auf ein deutlich schnelleres und genaueres Aufmaß hoffen: Im Bauwesen, dem Immobilienbereich und im Zuge der TGA stehen Anbieter vor dem gleichen Problem wie im FM, ebenso ist in Produktionsprozessen, in der Logistik und im Zuge der Dokumentation ein genaues Aufmaß unentbehrlich.
Von Stephanie Plath und Dennis Ahrens.
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