27.02.2023 – Kategorie: Fertigungs-IT
Betonfertigteile: Wie Machine-Vision-Technologie ihre Herstellung digital unterstützt
Chekker von Beamionic ist ein digitales System zur einfacheren und effektiveren Produktion von Betonfertigteilen.
- Betonfertigteile zählen sicher nicht zu den naheliegendsten Einsatzfeldern, die man mit der Bildverarbeitung in Verbindung bringt.
- Dennoch gibt es auch dort interessante Lösungen auf Basis der Machine Vision-Technologie, wie die Beamionic GmbH mit ihrem Produkt Chekker beweist.
- Grundlage des Systems sind Bildverarbeitungskomponenten der Rauscher GmbH Bildverarbeitung.
Wie in den meisten Branchen herrscht auch im Bereich der Herstellung von Betonfertigteilen für Gebäude großer Fachkräftemangel sowie ein erheblicher Qualitäts- und Kostendruck. Zudem nimmt die Komplexität der Betonfertigteile immer weiter zu, was die Unternehmen in diesem Umfeld vor anspruchsvolle Herausforderungen stellt.
Digitale Hilfsmittel oder Lösungsansätze können hier Abhilfe schaffen, müssen aber besondere Voraussetzungen erfüllen: Verfügbare Plandaten aus CAD-Systemen müssen für die Mitarbeiter in Fertigteilwerken einfach und leicht verständlich interpretierbar sein. In den manuellen und oft papierbasierten Arbeitsprozessen der Branche liegt der Digitalisierungsgrad traditionell jedoch noch auf einem relativ niedrigen Niveau.
Das österreichische Unternehmen Beamionic möchte diese Situation mit der Neuentwicklung Chekker nachhaltig verändern. „Erstmals erhalten Werker damit eine digitale Lösung zur Unterstützung bei handwerklichen, komplexen Tätigkeiten in einem Betonfertigteilwerk“, erläutert Hubert Fritschi, einer der Geschäftsführer des Grazer Unternehmens. „Das System besteht aus Hardwarekomponenten wie einem Hochleistungsprojektor, Industriekameras, diverser Sensorik und einem Industrie-PC. In Symbiose mit dieser Hardware sorgt eine spezielle Software dafür, dass alle erforderlichen Funktionalitäten ausgeführt werden.“
Betonfertigteile: Sichere Ausführung durch 1:1-Projektion
Eine der Hauptfunktionen des Systems besteht darin, Daten aus den CAD-Plänen wie beispielsweise Angaben zur Bewehrung im Maßstab 1:1 auf die Produktionsfläche zu projizieren. Dabei lassen sich die Planinhalte so zur Verfügung stellen, dass die Werker nur diejenigen Informationen erhalten, die sie für die entsprechenden Arbeitsschritte gerade benötigen. „Diese Vorgehensweise ermöglicht es den Mitarbeitern, planbasierte Tätigkeiten auf einfache und sichere Weise Schritt für Schritt auszuführen“, so Fritschi.
Ob die durchgeführten Arbeitsschritte zur Herstellung der Betonfertigteile richtig und plangemäß erfolgt sind, überprüft das System mit Hilfe von zwei Industriekameras. Sie sind in den Chekker-Systemen integriert. Die Kameras nehmen fortlaufend Bilder der Produktionsfläche auf, die eine spezielle Bildverarbeitungssoftware anschließend auswertet. Erkennt das System dabei Abweichungen von den vorgegebenen Plänen, so werden die Mitarbeiter umgehend über ein visuelles Signal darauf hingewiesen. Sie können dann den fehlerhaften Arbeitsschritt korrigieren.
Erst wenn die entsprechenden Korrekturen gemäß den Plänen umgesetzt sind, erfolgt die Freigabe für den nächsten Produktionsschritt. Klarer Vorteil dieser Vorgehensweise: Die Werker erhalten eine direkte Rückmeldung und können sofort Korrekturen ausführen. Fehlerhafte Betonfertigteile lassen sich somit ausschließen.
Lösungsorientierter Partner
Als Partner für die im Chekker eingesetzten Bildverarbeitungskomponenten entschied sich Beamionic für die Rauscher GmbH Bildverarbeitung in Olching, erzählt Dr. Bernhard Reitinger, technischer Geschäftsführer von Beamionic: „Rauscher wurde uns von einem Kontakt empfohlen, der mit dem Unternehmen bereits positive Erfahrungen gemacht hatte. Wir haben uns seit Beginn des Projekts im Jahr 2020 verstärkt mit dem Thema Bildverarbeitung befasst und Rauscher zu diesem Zeitpunkt kontaktiert, um gemeinsam einen Lösungsansatz für unsere Idee zu entwickeln. Mit ihrer produktiven und lösungsorientierten Vorgehensweise haben uns die Spezialisten von Rauscher insbesondere bei der Auswahl der geeigneten Kameras und der passenden Objektive sehr schnell und kompetent geholfen und alle Bildverarbeitungs-basierten Fragen des Projekts beantwortet. Diese Unterstützung war für uns sehr wertvoll, um den Chekker zu einem marktreifen Produkt zu machen.“
Kernkomponenten der Beamionic-Entwicklung sind zwei Ace2-Farbkameras von Basler. Mit Sensoren mit 16 Megapixeln Auflösung und darauf perfekt abgestimmten Objektiven von Basler sorgen sie für die Aufnahme hochwertiger Bilder. Für die Bildakquise kommt mit der Software Pylon zudem ein weiteres Basler-Produkt zum Einsatz. „Für diese Anwendung waren Kameras mit mehr als 12 Megapixel Auflösung erforderlich“, erinnert sich Rauscher-Sales Manager Andreas Huber. „Wir hatten zunächst diverse andere Kameras getestet, uns dann aber aufgrund des neueren Sensors und der höheren Auflösung für diese Ace2-Modelle entschieden, die in Kombination mit den geeigneten Objektiven die gewünschten Ergebnisse lieferten. Aus Kundensicht war außerdem das sehr attraktive Preis-Leistungsverhältnis dieser Komponentenauswahl ein entscheidendes Kriterium.“
Ausbaufähige Ideen
Die reine Qualitätskontrolle der ausgeführten Arbeiten ist nicht der einzige positive Aspekt der Chekker-Systeme, betont Dr. Reitinger: „Der Einsatz dieses Produkts ermöglich darüber hinaus die automatisierte Erfassung von Zeitdaten während der Produktionsprozesse. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, gegebenenfalls mit Hilfe von künstlicher Intelligenz, eine fundierte Datengrundlage für zukünftige Prozessoptimierungen zu schaffen. Darüber hinaus stellen Funktionalitäten wie eine polychrome Flächenprojektion und die Möglichkeit der realitätsgetreuen Abbildung von Einbauteilen sicher, bei den durchzuführenden Tätigkeiten die bestmögliche Sicherheit zu gewährleisten.“
Noch einen Schritt weiter geht Beamionic mit dem Einsatz von Augmented Reality. Denn diese Technologie erlaubt eine optionale 3D-Visualisierung zukünftiger Betonfertigteile auf einem Tablet oder mobilen Endgerät. Hologramme der Bauteile werden dabei als 3D-Modelle direkt mit der Realität überlagert. „So können die zusammengefügten Betonfertigteile räumlich dargestellt und von allen Seiten betrachtet werden“, erläutert Dr. Reitinger. „Das hilft Mitarbeitern und Kunden dabei, das räumliche Verständnis zu verbessern und eine präzise Vorstellung vom Endprodukt zu erhalten.“
Die bis dato erforderliche, mühevolle und fehleranfällige Übertragung der benötigten Informationen von Papierplänen auf den Werktisch entfällt somit. Das vereinfacht das Verständnis der ansonsten komplexen Pläne erheblich. Auch die Erstellung und Freigabe verifizierter Alternativvorschläge, zum Beispiel für Einbauprodukte oder -teile innerhalb einer Produktfamilie, wird auf diesem Weg erheblich intuitiver.
Digitale Zwillinge
Aufgrund seiner Funktionen und der integrierten Bildverarbeitung ermöglicht der Chekker eine zuverlässige und wirtschaftliche Qualitätsprüfung der produzierten Betonfertigteile. Als digitale Zwillinge lassen sich die Produkte im Rahmen des gesamten BIM-Lebenszyklus zudem sehr einfach dem Datenmodell von Gesamtgebäuden hinzufügen.
„Das so genannte Building Information Modeling (BIM) oder auf Deutsch die Gebäudedatenmodellierung ist ein Planungs- und Steuerungskonzept, durch das der gesamte Lebenszyklus von Gebäuden mit virtuellen, digitalen Gebäudeinformationen abgewickelt werden kann“, erklärt Fritschi. „Die damit einhergehenden Möglichkeiten machen manuelle Arbeitsplätze in einem Betonfertigteilwerk effizienter und die zunehmende Komplexität mit vorhandenem Personal beherrschbar. Unser Chekker stellt in diesem Zusammenhang eine optimale Ergänzung dar, um eine Antwort auf den Fachkräftemangel zu finden und zugleich die Digitalisierung der Branche zu beflügeln. Die Bildverarbeitungstechnologie unseres Partners Rauscher hat dabei wesentlichen Anteil daran, die Qualitätskontrolle der Betonfertigteile automatisch, schnell und zuverlässig durchzuführen und der Branche so zu mehr Effizienz zu verhelfen. Papierpläne an den Arbeitsplätzen gehören damit der Vergangenheit an.“
Kunden in Deutschland, Österreich, Benelux und Italien setzen das System laut Fritschi bereits erfolgreich ein. Es soll in diesem Jahr offiziell in den Markt eingeführt werden.
Bild oben: Mit Chekker von Beamionic lassen sich Betonfertigteile einfacher und effektiver herstellen. Bildquelle: Beamionic
Weitere Informationen: https://beamionic.com/ und https://www.rauscher.de/
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Architektur & Bau, Augmented Reality (AR), BIM - Building Information Modeling, Digitaler Zwilling, Fertigung, Visualisierung