19.10.2021 – Kategorie: Bauphysik
Beton für antikes römisches Grab: Was ihn so widerstandsfähig macht
Antike Betonstrukturen in römischen Bauwerken erweisen sich oft als erstaunlich robust. Warum, das zeigen Forschungen am mehr als 2000 Jahre alten Grabmal der Caecilia Metella in Rom. Das Verständnis der antiken Materialien kann somit auch die Entwicklung dauerhafter und nachhaltiger Baumaterialien für die Zukunft vorantreiben.
- Beton beginnt oft nach einigen Jahrzehnten zu bröckeln — aber erstaunlicherweise war das bei vielen römischen Bauwerken nicht der Fall.
- Denn die Baustrukturen stehen immer noch. Sie zeigen eine bemerkenswerte Haltbarkeit trotz Bedingungen, die modernen Beton zerstören würden.
- Antiker Beton weist dafür einige besondere Eigenschaften auf. Neue Forschungsergebnisse dazu könnten zu dauerhafteren und nachhaltigeren modernen Konstruktionen führen.
Ein besonderes Bauwerk ist das große zylindrische Grabmal der Caecilia Metella aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. Neue Forschungsergebnisse von MIT-Wissenschaftlern und Kollegen, die im Journal of the American Ceramic Society veröffentlicht wurden, zeigen, dass der Beton ihres Grabes eine hohe Qualität aufweist. Dazu tragen das vulkanische Gestein bei, das die Erbauer wählten, und die ungewöhnlichen chemischen Wechselwirkungen mit Regen und Grundwasser, die sich im Laufe von zwei Jahrtausenden ansammeln.
Die Hauptautoren der Studie, Admir Masic, außerordentlicher Professor für Bau- und Umwelttechnik am MIT, und Marie Jackson, außerordentliche Professorin für Geologie und Geophysik an der Universität von Utah, haben sich zusammengetan, um die mineralische Zusammensetzung der antiken Betonstruktur zu verstehen.
„Das Verständnis der Entstehung und der Prozesse antiker Materialien kann den Forschern neue Wege aufzeigen, um dauerhafte und nachhaltige Baumaterialien für die Zukunft zu schaffen“, sagt Masic. „Das Grab von Caecilia Metella ist eines der ältesten noch erhaltenen Bauwerke und bietet Einblicke, die das moderne Bauen inspirieren können.“
Ein erstaunlich kohäsiver antiker Beton
Das Grab der Caecilia Metella liegt an der antiken Römerstraße, die auch als Via Appia Antica bekannt ist. Es besteht aus einem Rundbau, der auf einem quadratischen Sockel ruht und insgesamt etwa 21 Meter hoch ist und einen Durchmesser von 29 Metern aufweist. Das Grabmal wurde um 30 v. Chr., zur Zeit des Übergangs von der Römischen Republik zum Römischen Reich unter Kaiser Augustus (27 v. Chr.), erbaut und gilt als eines der am besten erhaltenen Monumente an der Via Appia.
Caecilia selbst stammte aus einer adligen Familie. Sie heiratete in die Familie des Marcus Crassus ein, der ein berühmtes Bündnis mit Julius Caesar und Pompejus einging.
„Der Bau dieses sehr innovativen und robusten Denkmals und Wahrzeichens an der Via Appia Antica deutet darauf hin, dass sie in hohem Ansehen stand“, sagt Jackson, „und die Betonstruktur spiegelt 2’050 Jahre später eine starke und widerstandsfähige Präsenz wider.“
Das Grabmal ist ein Beispiel für die verfeinerten Technologien des Betonbaus im späten republikanischen Rom. Diese Techniken wurden vom Architekten Vitruv beschrieben, als das Grabmal der Caecilia Metella noch im Bau war. Der Bau von dicken Mauern aus groben Ziegeln oder vulkanischem Gestein, die mit Mörtel aus Kalk und vulkanischer Tephra (poröse Glasscherben und Kristalle aus Eruptionen) gebunden wurden, würde zu Strukturen führen, die „über einen langen Zeitraum hinweg nicht in Trümmer fallen“.
Vitruvs Worte werden zumal durch die vielen römischen Bauwerke bestätigt, die heute noch stehen, darunter die Trajansmärkte (erbaut zwischen 100 und 110 n. Chr., mehr als ein Jahrhundert nach dem Grabmal) und Meeresbauten wie Molen und Wellenbrecher.
Was den Zusammenhalt des Baustoffs verbessert
Was die alten Römer jedoch nicht wissen konnten, ist, wie sich die Kristalle des kaliumreichen Minerals Leuzit in den vulkanischen Gesteinskörnungen im Laufe der Zeit auflösen würden, und so die Grenzfläche zwischen den vulkanischen Gesteinskörnungen und der zementhaltigen Bindemittelmatrix umgestalten und somit den Zusammenhalt des Betons verbessern.
Linda Seymour ’14, PhD ’21, die an dieser Studie als Doktorandin im Masic-Labor am MIT teilnahm, untersuchte die Mikrostruktur des Betons.
„Wenn wir uns darauf konzentrieren, moderne Betone mit sich ständig verstärkenden Grenzflächen zu entwerfen, könnten wir eine weitere Strategie entwickeln, um die Dauerhaftigkeit moderner Baumaterialien zu verbessern“, sagt Masic. „Die Integration der bewährten römischen Weisheit ist eine nachhaltige Strategie, die die Langlebigkeit unserer modernen Lösungen um Größenordnungen verbessern könnte.“
„Jedes der von uns verwendeten Werkzeuge lieferte einen Hinweis auf die Prozesse im Mörtel“, sagt Seymour. Die Rasterelektronenmikroskopie zeigte die Mikrostrukturen der Mörtelbausteine im Mikrometerbereich. Die energiedispersive Röntgenspektrometrie zeigte die Elemente, aus denen jeder dieser Bausteine besteht. „Diese Informationen ermöglichen es uns, verschiedene Bereiche im Mörtel schnell zu untersuchen. Somit konnten wir Bausteine herausfinden, die mit unseren Fragen zusammenhängen“, sagt sie. Der Trick ist, mit jedem Gerät genau das gleiche Ziel zu treffen, auch wenn es nur so groß wie ein Haar ist.
Die Wissenschaft hinter einer einmalig starken Substanz
In den dicken Betonwänden des Grabes von Caecilia Metella bindet ein Mörtel, der vulkanisches Tephra enthält, große Brocken von Ziegelsteinen und Lava-Aggregaten. Er ähnelt dem Mörtel, der 120 Jahre später in den Trajansmärkten verwendet wurde. Der Kleber des Mörtels der Trajansmärkte besteht aus einem Baustein, der als C-A-S-H-Bindephase (Calcium-Aluminium-Silikat-Hydrat) bezeichnet wird, sowie aus Kristallen eines Minerals namens Strätlingit.
Die Tephra, welche die Römer für den Mörtel der Caecilia Metella verwendeten, enthielt jedoch reichlich kaliumreiches Leuzit. Jahrhunderte langes Regen- und Grundwasser, das durch die Wände des Grabes sickerte, löste den Leuzit auf und gab das Kalium an den Mörtel ab. In modernem Beton würde ein Übermaß an Kalium expansive Gele bilden, die zu Mikrorissen und schließlich zum Verfall der Struktur führen würden. Im Grabmal jedoch löste sich das Kalium auf und rekonfigurierte die C-A-S-H-Bindungsphase.
„Mit Hilfe der Röntgenbeugung und der Raman-Spektroskopie konnten wir untersuchen, wie sich der Mörtel verändert hatte“, sagt Seymour. „Wir sahen C-A-S-H-Domänen, die nach 2.050 Jahren noch intakt waren, und einige, die sich aufspalteten, dünn waren oder eine andere Morphologie aufwiesen“,, sagt sie.
Die umgestalteten Domänen „schaffen offensichtlich robuste Kohäsionskomponenten im Beton“, sagt Jackson. Im Gegensatz zu den Trajansmärkten bildet sich in diesen Strukturen nur wenig Strätlingit.
Antiker Beton: Umbauprozesse verstärken Grenzflächen und verbessern mechanische Leistung
Stefano Roascio, der für das Grabmal zuständige Archäologe, weist darauf hin, dass die Studie von großer Bedeutung für das Verständnis anderer antiker und historischer Betonstrukturen ist, bei denen der Zuschlagstoff Pozzolane Rosse verwendet wird. „Die Grenzfläche zwischen den Zuschlagstoffen und dem Mörtel eines jeden Betons ist grundlegend für die Haltbarkeit der Struktur“, sagt Masic. „In modernem Beton können die Alkali-Kieselsäure-Reaktionen, die expansive Gele bilden, die Grenzflächen selbst des härtesten Betons beeinträchtigen.
„Es hat sich herausgestellt, dass sich die Grenzflächen im antiken römischen Beton des Grabes von Caecilia Metella durch langfristige Umbauprozesse ständig weiterentwickeln“, sagt Masic. „Diese Umbauprozesse verstärken die Grenzflächen und tragen möglicherweise zu einer verbesserten mechanischen Leistung und Bruchfestigkeit des antiken Materials bei.“
Neben Masic, Seymour und Jackson gehören Nobumichi Tamura, leitender Wissenschaftler am Lawrence Berkeley National Laboratory, zu den weiteren Co-Autoren der Studie. Die Forschung wird teilweise vom ARPA-e-Programm des US-Energieministeriums finanziert.
Bild oben: „Das Verständnis der Entstehung und der Prozesse antiker Materialien kann den Forschern neue Wege aufzeigen, um dauerhafte, nachhaltige Baumaterialien für die Zukunft zu schaffen“, sagt Professor Admir Masic. „Das Grab von Caecilia Metella ist eines der ältesten noch erhaltenen Bauwerke und bietet Einblicke, die das moderne Bauen inspirieren können.“ Hier sehen Sie das Grab von Cecilia Metella und die Ruinen des Castrum Caetani in Rom. Foto: Livioandronico2013/Wikimedia Commons
Weitere Informationen: https://ceramics.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/jace.18133
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