18.10.2022 – Kategorie: Bauprojekte

Bauroboter: Wie sie die Baustellen dieser Welt verändern

BauroboterQuelle: Trimble

Bei der Umsetzung von Bauprojekten wird Robotik künftig eine immer wichtigere Rolle spielen. Denn Bauroboter können dabei helfen, Personalprobleme, Ineffizienzen und Sicherheitsprobleme zu lösen. Auch, wenn sind längst keine Science-Fiction mehr sind und bereits in vielen Branchen eingesetzt werden, gibt es nach wie vor Akzeptanzprobleme.

Die Einstellung der Baubranche hat sich verändert hin zu einem technologischen Ökosystem, das auch einen breiten Einsatz innovativer Bauroboter auf Baustellen möglich macht.

Bauroboter vs. Mensch?

Doch diese Integration wirft in der Praxis auch wichtige Fragen auf, etwa was menschliche Interaktion und Workflows betreffen. Während sich die erste Welle der Robotik ihren Weg auf die Baustellen bahnt, suchen Anwender bereits nach Antworten auf diese Fragen.

Die Optimierung der Beziehung zwischen Robotern und Menschen ist also eine wesentliche Voraussetzung für die positive Bewertung von Robotik am Arbeitsplatz. Mitarbeiter müssen überzeugt sein, dass sich ihre Arbeit mit der Technologie weiterentwickelt und nicht wegen ihr verloren geht. Wer mit Baurobotern vertraut gemacht wird und kollaborative Arbeitsabläufe zwischen Mensch und Roboter etabliert, kann in der Bauindustrie eine positive Einstellung zur Robotik entwickeln und den damit verbundenen Mehrwert ausschöpfen.

Bauroboter
Dank seiner vierbeinigen Konfiguration meistert Spot völlig unerwartete Situationen. Bild: Trimble

Ein nuanciertes Bild

Im deutschen Bausektor stagniert seit den 1990er-Jahren das Produktivitätswachstum kontinuierlich. Robotereinsatz auf Baustellen ist also immer mit der Frage gekoppelt, wie die Menschen darauf reagieren.

Noch glauben viele, dass der Einsatz von Robotern Arbeitsplätze im Baugewerbe gefährdet. In einer Studie des „Journal of Technology in Behavioral Science“ unter Arbeitnehmern verschiedener Branchen fürchteten die meisten Teilnehmer, durch Roboter und Automatisierung ersetzt werden zu können. Das ist nachvollziehbar, da Roboter ja weithin für ihre Fähigkeit bekannt sind, auch gefährliche oder unangenehme Aufgaben zu übernehmen. Würden sie das im Bauwesen tun, könnten sich die Arbeiter auf andere Tätigkeiten konzentrieren, was letztlich auch die gesamte Arbeitsweise verändern würde.

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Durch die Technologieintegration lassen sich Roboter und Scanner von einem Tablet aus programmieren und überwachen. Bild: Trimble

Weitere Untersuchungen zeigten, dass sich die Art und Weise, wie Roboter eingeführt werden, unter Umständen auch auf die Wahrnehmung der Mitarbeiter auswirkt. Eine im „International Journal of Social Robotics“ veröffentlichte Studie stellte dazu fest, dass die Einstellung gegenüber Robotern positiver ist, wenn der Roboter als Gerät und nicht als Kollege wahrgenommen wird, was in erster Linie vom Grad der Autonomie abhängt. Völlig autonome Roboter werden als Kollegen angesehen, während man halbautonome Roboter eher als Geräte wahrnimmt. Die Autoren der Studie vermuten, dass dies etwas damit zu tun hat, wie das Verhalten von Robotern zu interpretieren ist. Vielleicht neigt man eher dazu, autonome Roboter als rationale Wesen zu betrachten, die ihre Entscheidungen auf Grundlage bestimmter Ziele oder Überzeugungen treffen. Auf der anderen Seite könnten die Menschen halbautonome Roboter als Maschinen wahrnehmen, die auf menschliche Initiative hin bestimmte Funktionen ausführen. So wie ein Auto, das nur beschleunigt, wenn der Fahrer auf‘s Gaspedal tritt.

Diese Differenzierung verdeutlichte allerdings die Befürchtungen, dass Roboter menschliche Arbeitsplätze ersetzen könnten. Kein Grund, auf den Einsatz von völlig autonomer Robotern zu verzichten, aber wichtig zu beachten bei der Integration von Robotik in Teams.

Bauroboter und Selbstwirksamkeit

Die technologische Selbstwirksamkeit ist auch ein Faktor, der die Bereitschaft zur Arbeit mit Robotern beeinflusst. Dabei handelt es sich um den Glauben einer Person an seine Fähigkeit, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Mitarbeiter, die über ein höheres Maß Selbstwirksamkeit in Sachen Robotereinsatz verfügen, haben mit höherer Wahrscheinlichkeit eine positivere Einstellung zur Thematik.

Zur Entwicklung dieser Selbstwirksamkeit müssten die Arbeitnehmer jedoch zunächst eigene Erfahrungen sammeln. Diese Ergebnisse decken sich mit denen des Berichts im „Journal of Technology in Behavioral Science“. Mitarbeiter berichten dort über ein höheres Maß an Arbeitszufriedenheit, wenn sie für komplexere Aufgaben neuartige Technologien nutzen können. Das ist richtungweisend für Unternehmen, die Robotik in ihre Arbeitsabläufe integrieren wollen. Setzt man Roboter ein, um die Fähigkeiten seiner Mitarbeiter zu erweitern, lassen sich schon einige Ängste vor der Arbeit mit autonomen Technologien abbauen.

Robotik in Bauprozessen

Was bedeuten diese Ergebnisse für die Bauindustrie? Im Vergleich zu anderen Branchen hat das Baugewerbe in der Vergangenheit weniger in die Qualifizierung seiner Mitarbeiter investiert. Der Einsatz von Baurobotern kann der Katalysator für viele AEC-Unternehmen sein, die Fortbildung zu intensivieren und ihren Mitarbeitern (sowie dem Unternehmen) zu helfen, mit der Entwicklung der Branche Schritt zu halten.

Wenn Firmen die richtigen Workflows entwickeln, können die Mitarbeiter sehen, wie sich ihre Arbeit weiterentwickelt und nicht durch die Robotik verdrängt wird. So lassen sich Roboter beispielsweise für (nächtliche) Scanaufgaben auf Baustellen einsetzen.

Trimble und Spot-Plattform

Trimble hat eine Lösung mitentwickelt, die auf der vierbeinigen Roboterplattform „Spot“ von Boston Dynamics basiert. Der Roboter wandert über die Baustelle und generiert dabei eine präzise Punktwolke, auf die Bauteams sofort zugreifen können. Mithilfe dieser Daten können die Mitarbeiter vor Ort Visualisierungen und Analysen durchführen, etwa Scans mit Modellen und der Bestandsverwaltung vergleichen. Über die Cloud kann der Roboter auch Informationen mit dem gesamten Projektteam teilen, etwa um die Designvalidierung durchzuführen.

Enorme Datenvielfalt

David Burczyk, Construction Robotics Lead bei Trimble, betont, dass Robotik-Anwender ja Daten generierten, die ihnen bisher noch nie zur Verfügung gestanden hätten. Genau das bringe neue Ideen und Workflows hervor, zum Beispiel welche Art von Daten wie oft erfasst würde und was damit anzufangen sei.

Durch bessere Daten können die Teams die Planungssicherheit auf der Baustelle erhöhen, indem sie die Designprüfung sowie die Material- und Terminplanung optimieren und Nacharbeiten reduzieren. Diese verbesserten Funktionen machen Bauteams nicht nur effektiver, sie unterstützen die Arbeiter auch dabei, relevant zu bleiben, während sich die Arbeitsinstrumente weiterentwickeln.

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Roboter können langweilige, schmutzige und gefährliche Arbeiten halbautonom ausführen. Bild: Trimble

Vertrauen in die Baurobotik

Im Zuge der wachsenden Roboternutzung ist es wichtig, das Vertrauen der Mitarbeiter zu gewinnen, besonders bei vollständig autonomen Robotern. Erfahrungen mit ihnen sind entscheidend, um dieses Ziel zu erreichen und Selbstwirksamkeit im gemeinsamen Umgang zu entwickeln. Virtuelles Lernen hilft Baufirmen, ihre Arbeiter an autonome Technologien heranzuführen, ohne dass massenhaft Roboter für das Training einzusetzen.

Technologieanbieter und die ersten Anwender können auch gemeinsam bewährte Verfahren für die Interaktion zwischen Mensch und Roboter entwickeln. Eine transparente Kommunikation über Erfolge und Misserfolge kann dazu beitragen, die Ängste der Arbeitnehmer vor der Arbeit mit Robotern abzubauen.

Gerade jüngere, technologisch versiertere Arbeitnehmer stehen der Arbeit mit Robotern eher offen gegenüber. Das kann sogar ein Verkaufsargument sein. Bei einer Umfrage von Deloitte Consulting gab mit 70 Prozent eine deutliche Mehrheit der jungen Arbeitnehmer an, es würde ihnen zumindest an einigen der erforderlichen Fähigkeiten fehlen, um dem technologischen Fortschritt folgen zu können. Für junge, technikbegeisterte Arbeitnehmer sind Bauunternehmen, die innovative Technologien wie Robotik anbieten können, daher besonders attraktiv. So können Arbeitgeber vom Vertrauen ihrer Mitarbeiter profitieren, wenn sie Roboter für komplexe Aufgaben einsetzen.

Sicherheitsmaßnahmen für Bauroboter

Bauroboter durchlaufen umfangreiche Tests, bevor sie auf die Baustelle gelangen. Fortschritte in der Bewegungserkennungstechnologie ermöglichen es ihnen zudem, autonom und zuverlässig zu arbeiten. Dennoch sollten die Bauteams wissen, wie man Gefahren vermeidet, Fehlfunktionen erkennt und was im Notfall zu tun ist, zum Beispiel den Not-Aus-Schalter zu verwenden.

Diese Schulung hilft, den Menschen Kontrollmöglichkeiten zu vermitteln. Dennoch funktionieren die Roboter vorhersehbar, da ihre Routen programmiert sind und ihr Einsatzgebiet geografisch abgegrenzt ist.

Unvorhersehbarkeit kommt dann in’s Spiel, wenn Menschen und Roboter zusammenarbeiten. Zum Beispiel könnten Arbeiter sich von der neuartigen Robotertechnik ablenken lassen und diese bei der Arbeit beobachten wollen. Alle Mitarbeiter, die auf derselben Baustelle mit Robotern arbeiten – von Subunternehmern bis hin zu Projektmanagern – benötigen deswegen eine Schulung, um Unfälle durch Ablenkung zu vermeiden.

Von David Burczyk.

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