13.10.2023 – Kategorie: Tragwerksplanung/Statik

Analysemodell: Software für Architektur und für Tragwerksplanung rücken zusammen

AnalysemodellQuelle: Funtay, AdobeStock

Architektur und Tragwerksplanung sind zwei zentrale Disziplinen, die idealerweise bereits ab der Vorentwurfsphase eines Bauprojekts eng zusammenarbeiten müssen. So kooperieren auch Graphisoft und Nemetschek Engineering, um den systemübergreifenden, fehlerfreien Datenaustausch mit Hilfe von Schnittstellen zwischen der BIM-Planungssoftware Archicad und den Statikprogrammen von SCIA Engineer, FRILO und DC-Software zu optimieren.

Analysemodell in der Praxis: Bauprojekte im In- und Ausland werden immer komplexer und teurer. Die Gründe dafür sind vielfältig: die aktuelle Preisentwicklung bei Rohstoffen und Bauprodukten, die Energiekrise und stetig mehr Normen und Vorschriften, die das Planen und Bauen verkomplizieren und verteuern. Architektur- und Fachplanungsbüros sind daher an einer möglichst fehlerfreien sowie reibungslosen Zusammenarbeit interessiert. Denn die Tragwerksplanung bestimmt viele konstruktive und gestalterische Details im Entwurf des Architekturbüros. Ebenso ist eine kluge Tragwerksplanung, die die Besonderheiten des Entwurfs umfassend berücksichtigt, ein Gewinn für alle, da sich die Gesamtqualität des Bauwerks erhöht.

Analysemodell unter der Lupe

Eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Architekturbüro und eigenem Ingenieurbüro ist für Michael Eisfeld, Geschäftsführer von Eisfeld Ingenieure aus Kassel und Professor für Tragwerkslehre und CAD an der FH Bielefeld, eine wichtige Grund­lage in allen Projekten. Bereits in dritter Generation führt er sein Familienunternehmen an vier Standorten und mit über 70 Mitarbeitern.

Seine Ingenieure für Tragwerks­planung und Bauüberwachung tragen wie er den Wunsch nach Zusammenarbeit und gemeinsamer Projektumsetzung in die Bauwelt hinaus. Doch der ist längst nicht in allen Projekten gelebter Alltag. Noch immer gibt es Verständnisprobleme, die auf mangelnde und wenig substanzielle Kommunikation zwischen Architektur- und Tragwerksplanung zurückzuführen sind. Hier setzen digitale Planungswerkzeuge und BIM nun an: Eine modellbasierte Architekturplanung, die bereits wichtige Informationen über das Tragwerk enthält, vereinfacht das Verständnis bei Tragwerksplanern und allen anderen Fachingenieuren.

Analysemodell
Das Analysemodell in Archicad. Bild: Wendl ZT

Große Softwareauswahl

Der Schlüssel zum Verständnis liegt in einer gemeinsamen Sprache und in gemeinsam genutzten Werkzeugen. Die Bandbreite der bei Eisfeld Ingenieure eingesetzten Software ist groß, was auch dem Spektrum der Bauwerkstypologien geschuldet ist: kleine Werkhallen, Logistik- und Umschlagzentren oder Wohnbauprojekte mit mehreren hundert Wohnungen gehören ebenso dazu wie kleinere Brückenbauwerke. „Wenn wir in den frühen Leistungsphasen mit dem Architekturmodell arbeiten, ist das in Archicad. In der Tragwerksplanung kommen dann häufig der FRILO-BIM-Connector zum Einlesen des Architekturmodells in FRILO und das Gebäudemodell von FRILO zum Einsatz. Darüber hinaus planen wir die Tragstruktur mit unserer selbst entwickelten Software ConED“, sagt Michael Eisfeld.

Die Fülle der eingesetzten Software macht deutlich, wie groß der Bedarf an ganzheitlichen Lösungen ist, die ein möglichst breites Aufgabenspektrum abbilden können. Und, dass die technisch notwendigen Schnittstellen zwischen den einzelnen Lösungen möglichst verlustfrei funktionieren.

Aus diesem Grund wurde Nemetschek Engineering ins Leben gerufen, als Markenverbund verschiedener Programmlösungen aus der Tragwerksplanung (FRILO und SCIA Engineer) sowie aus dem Grundbau (DC-Software), um Schnittstellen bereitzustellen und somit eine durchgängige Gesamtlösung für alle statischen Berechnungen im Tragwerksplanungsbüro zu liefern. Ziel dieser integrierten Engineering­lösung ist also, mit Hilfe von zuverlässigen Schnittstellen für die automatisierte Datenweitergabe redundante Prozesse und die Fehleranfälligkeit zu minimieren, um durch ein umfassendes Analysemodell die Produktivität zu erhöhen.

Analysemodell
Das Analysemodell nach der Übergabe von Archicad an SCIA Engineer. Bild: Wendl ZT

Nur ein gemeinsames Gebäude- und Analysemodell

Ein ähnliches Bild lässt sich bei den Spezialisten von Wendl ZT aus Graz in Österreich zeichnen. Auch ihre Projekte sind äußerst vielfältig: Generalplanung, Tragwerksplanung, Betonbau, Statik für Holz- und Stahlbau und auch Bauüberwachung werden für die Projekte umgesetzt. Die integrale Planungsarbeit erfolgt dabei überwiegend gemeinsam mit der Architekturplanung und in Teilbereichen mit der TGA-Fachplanung. „Im Zuge einer Projektabwicklung haben wir früher bis zu drei Mal ein Gebäudemodell hochgezogen, was sehr aufwändig war“, sagt Ingenieur Manuel Schoppler, der bei Wendl ZT unter anderem als BIM-Manager tätig ist.

Seit 2020 setzt Wendl ZT Archicad als Ergänzung zur Statiksoftware ein, um bereits im Vorentwurf wichtige Parameter für Statik und Tragwerk festlegen zu können. Das macht die mehrmalige Neumodellierung hinfällig.

Import der SCIA-Materialbezeichnungen. Bild: Wendl ZT

Im Gegensatz zu früher leiten sich die Ingenieure nun aus dem Architekturmodell des Architekturbüros ein Tragwerksanalysemodell ab, das sie in ihrer Statiksoftware nutzen. Die dafür relevanten Bauteile sind im Architekturmodell bereits enthalten und werden mit einfachen Regeln so angepasst, dass das Analysemodell direkt verwendbar ist. Das Ergebnis wird via SAF in die jeweilige Statiksoftware übertragen. Bei Wendl ZT sind dies, abhängig vom Anwendungsfall, SCIA Engineer oder FRILO. Auf Grundlage des Analysemodells aus Archicad wird daraus das Statikmodell mit allen notwendigen Kenngrößen weiterentwickelt. Es ist die Basis für den folgenden und einmaligen Austausch zwischen Architekturplanung und Tragwerksplanung. „Bei gleichem Bauvolumen und ähnlicher Komplexität hat sich der Arbeitsaufwand für Projekte, für die wir in der Vergangenheit etwa drei Monate gebraucht haben, um ein berechnungsfähiges Modell in der Statiksoftware zu entwickeln, auf drei Wochen reduziert. Die Modelle werden von Herr Schoppler heute in Archicad vorbereitet und an der Schnittstelle an SCIA oder FRILO für die Berechnung übergeben“, erklärt Tragwerksplaner Peter Adanic.

Ziele der Zukunft

Die Fülle an unterschiedlichen Softwarelösungen und die vielfältigen Prozesse, die sowohl Eisfeld Ingenieure als auch Wendl ZT einsetzen und anwenden, machen deutlich, dass der Optimierungsbedarf im Zusammenspiel der eingesetzten Werkzeuge groß ist. Konsistente Daten zu erhalten und geeignete Werkzeuge möglichst eng miteinander zu verknüpfen, muss ein wichtiges Ziel für die kommenden Jahre sein. Graphisoft und Nemetschek Engineering wollen mit der Verknüpfung von Archicad, FRILO, SCIA und DC-Software einen großen Schritt in diese Richtung machen: funktionale Plugins, kompatible Formate und reibungsarme Schnittstellen.

Von Tim Westphal.

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