18.10.2022 – Kategorie: Bauprojekte
3D-Laserscan: Moderne Vermessung von altem Kulturerbe
Das im Jahr 1152 vom Eremiten lgnatius gegründete Kloster Chrysorrogiatissa auf Zypern zählt zu den wertvollsten Denkmälern der Insel. Der durch Erdbeben beschädigte Nordflügel wurde nun mithilfe von Drohnen, Systemkameras und 3D-Laserscannern dokumentiert, um das kulturelle Erbe des Klosters digital zu konservieren und die Gebäude kosteneffizient und nachhaltig renovieren zu können.
3D-Laserscan als letzte Rettung: Umrahmt von Gipfeln und Tälern, Weinbergen und Kiefernwäldern liegt die Klosteranlage Chrysorrogiatissa aus dem 12. Jahrhundert in 850 m Höhe auf einem Bergkamm. Sie ist der „Heiligen Jungfrau vom Goldenen Granatapfel“ geweiht. 1770 wurde das Kloster weiter ausgebaut und 1821 durch ein Feuer fast völlig zerstört.
Pilgerstätte durch Erdbeben stark beschädigt
Heute betritt man die Anlage unter einem zierlichen Schindeldach mit schmückenden Fresken über einer schweren alten Holztür. Vom grün bewachsenen Innenhof aus, umgeben von zweistöckigen Arkaden und Säulengängen, geht es zur Klosterkirche. Dort befindet sich auch die Ikonostase der Muttergottes, ein Bild, das vom Evangelisten Apostel Lukas gemalt worden sein soll und von dem sich viele Pilger Wundertätigkeit erhoffen.
Darüber hinaus beherbergt die klösterliche Schatzkammer eine bedeutende lkonensammlung, die sich in einem kleinen Museum bestaunen lässt.
Eine eigene Weinkellerei verarbeitet zudem einige der ältesten Rebsorten der Insel wie Xynisteri, Mavro und Maratheftiko. Die besten Jahrgänge des preisgekrönten Weins lagern im Klosterkeller. Man kann sie in der zugehörigen Taverne auch verkosten. Dieser mediterrane Ort der Stille und Besinnlichkeit liegt in einem Erdbebengebiet, in dem es immer wieder zu Beben kommt mit Werten von bis zu 7 Mw (Momenten-Magnituden-Skala). 2020 und 2021 führten diese zu Beschädigungen des nördlichen Klosterflügels. Zudem geriet der Hang – vermutlich in Folge der Erschütterungen – ins Rutschen. Daraufhin initiierte Dr. Marinos Ioannides, Direktor des UNESCO-Lehrstuhls für digitales Kulturerbe an der Cyprus University of Technology (CUT), ein Projekt, um die entstandenen Schäden mit Drohnen, Systemkameras und mittels 3D-Laserscan zu dokumentieren. Ziel war es, das kulturelle Erbe des Klosters zu digitalisieren, um die Gebäude kosteneffizient und nachhaltig zu renovieren und ihren Fortbestand zu sichern.
3D-Laserscan: Equipment für‘s Projekt
Die Ära des Digitalen Kulturerbes ist in vollem Gange und die europäischen Forschungsressourcen dafür sind in den letzten Jahren weltweit erheblich gewachsen. Die CUT war in dieser Hinsicht ein Vorreiter im östlichen Mittelmeerraum und für Europa im Allgemeinen, insbesondere durch seine Führung von Schlüsselinitiativen in der Forschungsausbildung und der Koordinierung und Unterstützung der EU-Politik.
Neben Drohnen für Luftaufnahmen und hochauflösenden Systemkameras für photogrammetrische Verfahren war es notwendig, die Anlage millimetergenau mit 3D-Laserscannern zu vermessen. „Diese hohen Genauigkeiten auf kurze bis mittlere Distanzen erreichen nur Laserscanner, die mit einem Phasenvergleichsverfahren arbeiten und ein niedriges Messrauschen aufweisen“, erklärt Vermessungsingenieur Martin Reinköster, der zusammen mit seinem Kollegen Markus Kresser und im Auftrag der Zoller + Fröhlich GmbH das gemeinnützige Projekt der CUT unterstützt. Der Z+F IMAGER 5016, der hierbei zum Einsatz kam, kann bis zu einer Million Messpunkte pro Sekunde erfassen mit einer Genauigkeit von 0,25 mm.
Experte für Lasermesstechnik
Zoller + Fröhlich entwickelt seit 1994 Vermessungssysteme und ist weltweiter Experte für berührungslose Lasermesstechnik. Das Unternehmen unterstützt regelmäßig internationale Forschungsprojekte, etwa um kulturelle Denkmäler zu dokumentieren, und trägt maßgeblich zur Weiterentwicklung von Standards sowie zur Grundlagenforschung bei. „Uns ist es wichtig eng mit Fachhochschulen und Universitäten zusammenzuarbeiten, um die herausragenden Kulturgüter auf dieser Welt zu dokumentieren und für die Nachwelt zu konservieren“, sagt Dr.-Ing. Christoph Fröhlich, Geschäftsführer von Zoller + Fröhlich. Das seien auch für ihn immer wieder neue Erkenntnisse, für die man die bekannten Wege verlassen müsse, um auf neue Horizonte zuzusteuern.
Bilder: Zoller + Fröhlich GmbH
3D-Laserscan: Planung und Durchführung
Um Bau- und Kunstwerke gänzlich in 3D zu erfassen, müssen die Experten vor Ort mehrere Positionen planen und festlegen, von denen aus gescannt wird, da der Laserstrahl der vom Scanner ausgeht, nicht durch feste Objekte dringen kann. Bei nur wenigen oder schlecht geplanten Positionen entstehen Abschattungen in der 3D-Darstellung.
Bei diesem Projekt wurde von 390 Positionen aus gescannt. Die so entstandenen 390 Punktwolken wurden bereits vor Ort zu einer Gesamtdarstellung der Klosteranlage zusammengefügt. Die Software LaserControl Scout arbeitet hierbei mit einem Verfahren, das sich „blue workflow“ nennt. Der Begriff beschreibt eine Reihe optimierter Arbeitsschritte beim Vermessen und der Bearbeitung von Messdaten im Feld. Die Feinregistrierung der Punktwolken sowie die Kolorierung und Filterung fand dann später im Büro statt. Die Bilder, die zwei weitere Teams mit Drohnen und Kameras erfassten, fügten Spezialisten der CUT später mit den 3D-Daten zusammen, um daraus ein Modell zur Bauwerksmodellierung und einen Soll-Ist-Vergleich zu erstellen. So ließen sich die Schäden hochgenau dokumentieren und analysieren.
Mit den erfassten und erstellten Daten prüft das Team um Dr. Marinos Ioannides nun in einem nächsten Schritt, wie man das Kloster durch bauliche Maßnahmen in Zukunft besser vor geologischen Veränderungen schützen kann und wie die Schätze des Klosters kosteneffi-zient und nachhaltig zu renovieren sind. Hier liegen auch alle weiteren Herausforderungen, für die das Projekt eine sehr gute Planungsgrundlage geschaffen hat.
Von Philipp Kresser.
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