10.10.2018 – Kategorie: Branchen, Fertigung, Technik, Werkstoffe
3D-Druck: Polymerisation auf Voxel-Ebene vermessen
Mit Licht polymerisierbare Materialien eignen sich besonders für den 3D-Druck von Teilen – von Architekturmodellen bis hin zu funktionsfähigen menschlichen Organen. Aber was mit den mechanischen und Fließeigenschaften beim Aushärten des Materials auf Voxel-Ebene, dem 3D-Äquivalent eines Pixels in einem digitalen Foto, vor sich geht, blieb ein Geheimnis. Bis jetzt.
Mit Licht polymerisierbare Materialien eignen sich besonders für den 3D-Druck von Teilen – von Architekturmodellen bis hin zu funktionsfähigen menschlichen Organen. Aber was mit den mechanischen und Fließeigenschaften beim Aushärten des Materials auf Voxel-Ebene, dem 3D-Äquivalent eines Pixels in einem digitalen Foto, vor sich geht, blieb ein Geheimnis. Bis jetzt.
Dieses Geheimnis zu lüften, haben sich Forscher am National Institute of Standards and Technology (NIST) in den USA auf die Fahnen geschrieben. Sie haben ein neuartiges Verfahren der Rasterkraftmikroskopie namens SCRPR (sample-coupled-resonance photorheology) vorgestellt, das in Echtzeit misst, wie und wo sich auf der Mikroebene die Materialeigenschaften während des Aushärtens verändern. Das Verfahren habe großes Interesse in der Industrie ausgelöst, so Jason Killgore, Materialforscher am NIST. Er und seine Mitarbeiter haben das Verfahren im Journal Small Methods publiziert.
3D-Druck wird für die flexible, effiziente Herstellung komplexer Teile gepriesen, hat aber den Nachteil mikroskopisch kleiner Variationen in den Materialeigenschaften. Weil die Fertigungssoftware die Teile in dünne Schichten zerlegt, die dann im 3D-Druck wieder rekonstruiert werden, entsprechen die physischen Masseneigenschaften des Materials nicht mehr jenen der gedruckten Teile. Es entstehen auf der Mikro-Ebene anisotrope Abweichungen in den chemischen, thermischen und mechanischen Eigenschaften. Die Leistung des hergestellten Teils hängt von den Druckbedingungen ab.
Das neue Verfahren des NIST misst die Veränderungen im Material mit einer räumlichen Auflösung im Submikrometer-Bereich und einer zeitlichen von Submillisekunden, also um ein vielfaches schneller und im deutlich kleineren Maßstab, als es bisher möglich war. Die Entwickler können SCRPR verwenden, um Änderungen während des Aushärtens zu messen, und somit wichtige Daten für die Prozessoptimierung im Hinblick auf die Materialien gewinnen.
Das neue Verfahren verbindet Rasterkraftmikroskopie mit Stereolithografie. Mit Licht werden fotoreaktive Materialien von Hydrogelen bis hin zu verstärktem Acrylharzen in Form gebracht. Ein gedrucktes Voxel kann sich durch die Variationen der Lichtintensität oder der Streuung reaktiver Moleküle als uneben darstellen.
Es lassen sich schnellste, kleinste Änderungen in Oberflächen erfassen. Die Sonde ist stets mit dem Muster in Kontakt. Die Entwickler haben ein Mikroskopsystem angepasst, um mit einem Ultraviolett-Laser die Polymerisation an oder nahe dem Punkt anzuregen, wo die Messsonde dem Muster am nächsten kommt.
Wie es funktioniert
Die Methode misst in einer begrenzten Zeitspanne zwei Werte an einem Ort. Genauer gesagt, misst sie die Resonanzfrequenz (bei dieser Frequenz zeigt ein schwingungsfähiges System bei Anregung Resonanz) und den Gütefaktor (Maß für den Energieverlust in einem schwingungsfähigem System) der Messsonde. Damit werden Änderungen dieser Werte über den gesamten Polymerisationsprozess erfasst. Die entsprechenden Daten lassen sich mit mathematischen Modellen analysieren, um so Materialeigenschaften wie Härte oder Dämpfung zu bestimmen.
Das Verfahren wurde mit zwei Materialien demonstriert: einmal mit einem Polymerfilm, der mit dem Licht von einem gummiartigen Zustand in einen glasartigen transformiert wurde. Die Forscher fanden heraus, dass das Aushärten und seine Eigenschaften von der Belichtungsstärke und -dauer abhängen und räumlich komplex sind, was die Notwendigkeit schneller, hochauflösenden Messungen nur bestätige. Das zweite Material war ein marktgängiges 3D-Druck-Kunstharz, das in 12 Millisekunden von einer Flüssigkeit in den festen Zustand wechseln sollte. Eine ansteigende Resonanzfrequenz schien die Polymerisation zu signalisieren und erhöhte die Elastizität des aushärtenden Materials. Daher nutzten die Wissenschaftler das Mikroskopieverfahren, um topografische Bilder eines einzelnen polymerisierten Voxels aufzunehmen.
Überraschend für die Entwickler ging das Interesse an dem Verfahren weit über die ursprünglichen 3D-Druck-Anwendungen hinaus. Unternehmen im Bereich der Beschichtungen und der Optik seien an das NIST herangetreten und einige streben eine Zusammenarbeit an, so die Forscher.
Paper: Monitoring Fast, Voxel Scale Cure Kinetics via Sample Coupled Resonance Photorheology. 2018. C.I. Fiedler-Higgins, L.M. Cox, F.W. DelRio and J.P. Killgore. Small Methods. Published online 4 October 2018. DOI: 10.1002/smtd.201800275
Bild: Topografische 3D-Darstellung eines einzelnen Voxels eines polymerisierten Materials, umgeben von flüssigem Kunstharz. Mit dem Verfahren namens SCRPR lässt sich in Echtzeit während des 3D-Drucks und beim Aushärten erfassen, wie und wo sich im Nanomaßstab Materialeigenschaften ändern. Credit: NIST
Weitere Informationen:
Teilen Sie die Meldung „3D-Druck: Polymerisation auf Voxel-Ebene vermessen“ mit Ihren Kontakten: